Das Thema dieser Serie ist die „Taktik des Alltags“, also taktische Situationen, mit denen wir Normalsterbliche in unseren Partien konfrontiert sind. Wer genügend Partien gespielt hat, weiß, dass brillante Opferangriffe leider die Ausnahme bilden; entscheidend ist viel häufiger, die kleinen Chancen, die sich links und rechts am Wegesrand auftun, zu erkennen und zu nutzen.
Alle Beispiele kommen aus dem „wahren Leben“, entstammen also meinen eigenen oder Heilbronner Partien. Manchmal kam die Kombination oder taktische Möglichkeit aufs Brett, manchmal wurde sie jedoch auch übersehen. Die Spanne reicht vom simplen kurzzügigen Bauerngewinn bis zu komplexeren Kombinationen, bei denen klassische Motive eventuell in versteckter oder „verfälschter“ Form auftreten können. Hin und wieder ist auch mal eine „Perle“ dabei, entweder in Form einer Kombination „für die Galerie“ oder als gehaltvolle Stellung mit vielen interessanten Motiven und Möglichkeiten, die naturgemäß zum großen Teil unter der Oberfläche bleiben und erst in der Analyse auftauchen.
Mit einem Qualitätsopfer hat Weiß die Initiative an sich gerissen und den schwarzen König im Zentrum festgenagelt. Dazu dürfte der Lc5 übrigens auch auf einer anderen Diagonale stehen; der schwarze König hat nämlich bereits gezogen! Weiß muss jetzt „nur noch“ den Sack zumachen und bei einem so haushohen positionellen Vorteil ist es schon fast egal, wie er das macht. Oder etwa nicht?
Ich verrate hier mal, dass das naheliegende 14.Dd6 nach De4+ nur Dauerschach gibt. Deshalb verglich ich die beiden Damenausfälle, welche e4 unter Kontrolle halten (nach d4 und g4). Meine Wahl reichte zwar zum Gewinn (auch weil mein Gegner sich schwach verteidigte), doch stattdessen hätte es eine deutlich stärkere Fortsetzung gegeben, welche (wie Enis schon letzte Woche anmerkte) Kim-Lucca sofort gesehen hatte. Die zäheste Verteidigung führt dann zu einer Treibjagd, welche der sK nicht überlebt hätte.