Was für ein Wochenende! Am Samstag gewann unsere 1. Jugendmannschaft mit 4:2 in Sontheim/Brenz und hat damit die Qualifikation zur Deutschen Vereinsmeisterschaft U20 so gut wie sicher. Am Sonntag fanden in Besigheim die Württembergischen Vereinsmannschaftsmeisterschaften statt, an denen wir mit zwei Mannschaften teilnahmen, wobei unsere U10-Mannschaft den 3. Platz erreichte und unser U16-Team sogar Württembergischer Vizemeister wurde! Ebenfalls am Sonntag bestritt Enis Zuferi das Finale des Bezirks-Dähne-Pokals gegen Daniel Klaus und ist somit Pokalsieger und für den Verbandspokal qualifiziert (zum Bericht). Eingerahmt wurde dieses Programm schließlich noch von der in Leingarten stattfindenden Bezirkseinzelmeisterschaft.
Wenn ein Turnier schon in Fußreichweite von zu Hause stattfindet und man an dem Wochenende nichts anderes vorhat, dann ist man ja fast schon verpflichtet, auch mitzuspielen (vor allem, weil ich es aufgrund des zweiten genannten Kriteriums nie geschafft habe, am noch näheren Leintal-Jugendopen teilzunehmen). Verstärkung bekam ich von Tobias Peng, der dann gemeinsam mit mir das 14-köpfige Teilnehmerfeld anführte (wie diese Meisterschaft attraktiver gestaltet werden kann, ist wohl seit vielen Jahren ein noch ungelöstes Problem des Schachbezirks – viel mehr als Startgeldfreiheit, trotzdem etwas Preisgeld und die Qualifikation zur Württembergischen Meisterschaft kann man doch eigentlich nicht verlangen?).
Obwohl mir der Verkehr am Freitag etwas freundlicher gesinnt war als letzte Woche, konnte ich das unerwartet verzögerte Ende einer Besprechung nicht kompensieren und kam mit einer guten Viertelstunde Verspätung im Vereinsheim des SV Leingarten an. Netterweise verzichteten sowohl der Schiedsrichter als auch mein Gegner Oliver Schömbs (SC Ingersheim) darauf, die Uhr zu starten, sodass ich die vollen 1:45h Bedenkzeit zur Verfügung hatte – und ich konnte jede einzelne Minute gebrauchen. In einem französisch angehauchten Sizilianer konnte ich relativ früh das Sorgenkind „weißfeldriger Läufer“ loswerden, während mein Gegner den typischen Vorstoß f4-f5 vorbereitete und dann auch durchdrückte. Da mir die Alternativen allesamt nicht gefielen, sah ich mich gezwungen, in den sauren Apfel bzw. Bauern e5 zu beißen und meine Dame dem weißen Turm gegenüber zu stellen – getrennt lediglich von seinem Läufer, der nicht weniger als 10 legale Abzüge zur Verfügung hatte. Von diesen führte jedoch keiner zu weißem Vorteil, sodass ich meinen Mehrbauern ins Endspiel retten konnte und dieses nach der Beseitigung eines störenden weißen Bauern auf f6 auch gewann.
Tobias spielte mit Weiß gegen Thomas Berger (SF Schwaigern), der am Spitzenbrett der A-Klasse dieses Jahr eine 100%-Saison hingelegt hatte. Mit einem etwas ungewöhnlichen Aufbau konfrontiert, verbriet Tobias viel Zeit, fand aber keinen wirkungsvollen Hebel. Als ihm die Kontrolle über die Stellung langsam zu entgleiten drohte, gab er notgedrungen ein oder zwei Bauern und bekam dafür etwas Aktivität, die ihm mit einem entsprechend getimten Remisangebot immerhin noch einen halben Punkt sicherte.
In der zweiten Runde musste Tobias dann gegen Oliver Schömbs antreten, hatte ebenfalls Schwarz und machte einen deutlich souveräneren Eindruck als ich am Vortag: Viel habe ich nicht von der Partie mitbekommen, aber irgendwie konnte er in einem geschlossenen Spanier ein paar Fesselungsmotive ausnutzen und einige Bauern gewinnen, womit er für die kürzeste Partie der 2. Runde sorgte. Als Ausgleich dafür musste ich gegen Timo Stark (SC Neckarsulm) über die volle Distanz gehen: Nach unorthodoxer Eröffnungsbehandlung hatte ich zwar einen schön aussehenden Raumvorteil, lief mit einer verführerischen Abwicklung aber in einen Konter, der in ein schwer einzuschätzendes Endspiel mit Turm und Läufer gegen Turm und Springer mündete. Nach einem Fehlgriff seinerseits (vermutlich sein einziger Fehler in der gesamten Partie) konnte ich die Qualität für einen Bauern gewinnen, musste mich in dem Endspiel aber noch ziemlich lange abmühen und ständig einen etwaigen Bauerndurchbruch im Auge behalten, bevor ich in der Endspurtphase endlich in die schwarze Stellung eindringen konnte.
Nach einer kurzen Pause ging es dann auch gleich wieder weiter: Tobias versuchte mit langer Rochade nebst Bauernsturm seine Partie gegen Heiko Haußmann (SV Oberstenfeld) zu verschärfen, konnte aber nicht verhindern, dass Figurenpaar um Figurenpaar vom Brett verschwand. Als nur noch die Damen und jeweils eine Leichtfigur übrig waren, erlaubte sich sein Gegner dann aber doch einen Fehler, als er seinen Läufer etwas ins Abseits stellte. Tobias bekam immer mehr die Oberhand und gewann schließlich einen Bauern, den er letztendlich verwertete. In meiner Partie gegen Frank Hofmann (SK Lauffen) fühlte ich mich eigentlich relativ schnell wohl, als er sich in der Eröffnung erst relativ gemächlich aufbaute, dann aber doch früh einen Bauernvorstoß auspackte. Ich wählte daraufhin die schärfste Antwort und konnte den vorlauten Landwirt auch im 18. Zug in Gewahrsam nehmen. Mit Mehrbauer und Läuferpaar tauschte ich nun alles ab, was in die Reichweite meiner Figuren kam, bis im 23. Zug ein typischer Fall von doppelter Schachblindheit die Partie nicht entschied:
Frank spielte nun 23. Sd4?? und bemerkte direkt nach dem Loslassen, dass die taktische Rechtfertigung des Zuges (der Sc6 ist an den Lb7 gefesselt) ein Loch hat. So schwierig ist die Widerlegung eigentlich nicht zu sehen; mir entging sie jedoch völlig, sodass ich mit 23. Sa5?? in ein Endspiel mit Läufer und Springer gegen Springerpaar abwickelte und bei der Überwindung seiner hartnäckigen Verteidigung noch ganz schön ins Schwitzen kam.
Am Sonntagmorgen kam es in der 4. Runde dann zum vereinsinternen Duell, bei dem ich relativ bald nach Abschluss der Eröffnung zu einem Bauernopfer gezwungen wurde. Tobias‘ Bauernstruktur wies jedoch ein paar Schwächen auf, die gleichzeitig auch eine extrem passive Stellung seiner Leichtfiguren verursachte, sodass sich die Partie das ganze Mittelspiel über im dynamischen Gleichgewicht befand. Als sich die Stellung zunehmend vereinfachte, schlug wieder einmal die Schachblindheit zu:
Statt den geopferten Bauern auf solidere Weise zurückzugewinnen, forcierte ich den Übergang in die Diagrammstellung und spielte 36. Txc6?? mit der Idee 36. …Txc6 37. Lxd5+ „mit Figurengewinn“ – dass Schwarz einfach 37. …Te6 spielt und das Bauernendspiel für Weiß überhaupt nicht gut ausgeht, bemerkte ich erst, nachdem ich den Zug ausgeführt hatte. Tobias übersah den Rückzug aber ebenfalls und spielte 26 …Ke7??, woraufhin wir in einem ausgeglichenen Turmendspiel landeten. Ich war schon kurz davor, Remis anzubieten, als sich Tobias doch noch einen Fehler erlaubte und das Endspiel noch verlor.
Vor der letzten Runde führte ich also mit einem Punkt Vorsprung vor Timo Stark und Thomas Berger die Tabelle an. Wenig überraschend musste ich also gegen Thomas Berger antreten, während Tobias gegen Timo Stark spielte und im Falle eines Sieges und Schützenhilfe von mir noch Chancen auf den 2. Platz hatte. Ob ihn diese Aussicht beflügelte oder ob es einfach nur der Frust über das verpatzte Remisendspiel war, weiß ich nicht – von Timos Sizilianer war jedenfalls bald nicht mehr viel übrig und Tobias hatte sich temporär auf den 2. Platz vorgeschoben. Auch bei mir lief die Eröffnung vielversprechend, da ich durch den relativ zurückhaltenden Aufbau meines Gegners gut ins Spiel kam, Raumvorteil erlangen und seine Leichtfiguren einengen konnte. Im 19. Zug unterlief ihm dann der entscheidende Fehler und ich konnte mit einer kleinen Kombination einen Bauern gewinnen:
Schwarz am Zug
Danach war die Partie trotz zäher Gegenwehr nicht mehr zu retten und somit gehen dieses Jahr sowohl der Titel des Bezirksmeisters als auch der des Vizemeisters an den Heilbronner Schachverein!
Schöner Bericht :). In der letzten Runde war es eher der Frust, der die Partie zu meinem Gunsten entschieden hat, zumal ich wusste, dass Timo gewöhnlich nicht c5 spielt. Während der Partie musste ich nicht wirklich zittern, da du ja auch sehr souverän gewonnen hast und mir sogar ein Remis von dir gereicht hätte. Gratulation noch mal an deine 5/5, damit wirst du sicherlich nächste Saison sehr oben spielen! 😉
Danke! Jetzt muss ich aber unbedingt noch mindestens ein Open spielen, um meine DWZ wieder nach unten zu korrigieren 😉
damit deine Zählung „wie oft knacke ich die 2000 von oben und unten?“, die du vor paar Jahren begonnen hattest, weitergeht, muss das aber ein schlechtes Open sein 😛
Esslingen wäre da sicher eine Option!
Wo genau die Zahl absolut landet, ist mir eigentlich egal; ich habe meine letzte Verbandsligasaison nur noch nicht vollständig verdrängt, daher muss ein vorderes Brett nicht unbedingt sein 😉
Ja, mal sehen, vielleicht klappt Esslingen – wie ich gesehen habe, sind bei den ganzen Opens der nächsten Zeit (Sulzfeld, Stuttgart?, Oeffingen und Esslingen) schon ein paar Heilbronner vorangemeldet, super!
Mein Brett würde ich ohnehin nicht (kampflos) abgeben! 😛
Joa, werde dazu morgen eine Übersicht erstellen.
Bis jetzt weiß ich von…
Sulzfeld: Simon, Thomas Leykauf, Michael, Nilofar
Stuttgart: Julian (nach eigener Aussage)
Oeffingen: Simon, Thomas Leykauf
Deutsche Juniorenmeisterschaft U25 (mittlerweile beim DSB eine offizielle Meisterschaft, also geht es hier sogar um einen Titel): Philipp, Christian Biefel
Esslingen: Kim-Luca, Simon und ich
So scheu sind wir nicht…
Seh ich das richtig, dass in Stellung drei der Bauer auf drei verschiedene Arten weg ist?
1) 1…Sxc3 2. Sxc3 Txd2 – gefällt mir aber nicht, da Weiß noch relativ gut davonkommt
2) 1…Lxd2 2. Txd2 Sxc3 3. Tc2 gefällt mir schon besser
3) 1…Se3 2. fxe3 Lxe3+ 3. Beliebig Lxd2 – Schwarz hat einen Freibauern und die weißen Figuren stehen in meinen Augen am Schlechtesten im Vergleich
Hm…sieht ganz so aus, als gäbe es tatsächlich drei Möglichkeiten. In der Partie habe ich nur 1…Se3 gesehen und auch gespielt (das Motiv hatte ich ein paar Züge früher entdeckt, als ich auf den Lg3 fixiert war und mich fragte, was nach weißem f3 passiert 😉 )
Luxusprobleme 😉
Saubere Sache, ihr zwei! Glückwunsch!