Ein Punkt zu viel

Aufgrund einiger Absagen zeichnete sich für unsere Zweite ein schwerer Stand gegen die Deizisauer Bundesligareserve ab. Aber dank zäher Verteidigungsarbeit und einer gehörigen Portion Glück konnten wir den Gästen ein Unentschieden abringen.

Deizisau trat zwar weder in Best- noch in Stammbesetzung an, war aber auch so noch klar favorisiert. Trotzdem fiel die erste Entscheidung zu unseren Gunsten, denn am zweiten Brett war vom nominellen Klassenunterschied nichts zu sehen. Vielmehr ließ Tobi seinen Gegner nicht in die Partie kommen und überspielte ihn auf beeindruckende Weise. Ein paar hübsche Taktiken später hatte er entscheidenden Materialvorteil und konnte den Sieg stilvoll eintüten:

37. a7-a8D war nicht der einzige Gewinnzug, aber zwei gegen null Damen sieht man selten. Nach 37… Lxa8 38. Te8! blieb Schwarz nur noch die Aufgabe.

Jedoch war unsere Führung nur von kurzer Dauer und kam auch nicht wieder, denn Deizisau schlug an 7 und 8 zurück: Kim-Lucas Königsangriff kam trotz Rechenarbeit und Materialopfer nie wirklich ins Rollen; der Angriff von Sebastians Gegner schlug aber leider durch.

Ich war unterdessen gut aus der Eröffnung gekommen, fühlte mich aber zunehmend unwohler, als meine Gegnerin ihr Zentrum mobilisierte und einen daraus resultierenden Freibauern vorschob. Laut Computer war das Gleichgewicht zwar nie ernsthaft gestört, als Mensch fühlte es sich aber eher nach blinder Gratwanderung an, zumal wir beide nur noch vom Inkrement lebten. Dann geschah das Unglaubliche und meine Gegnerin übersah eine Gabel, die einen ganzen Turm kostete.

Nach der kurzlebigen Führung hielt aber auch dieser geschenkte Ausgleich nicht lange, da Deizisau am Spitzenbrett nachlegte: Seit seinem Beitritt hat Ivan jedes Punktspiel für uns gewonnen, aber gegen IM Köllner landete er schon aus der Eröffnung heraus in einer passiven Stellung. Objektiv stand es zwischendurch sogar mal wieder ausgeglichen, aber die teilweise einzigen Verteidigungszüge waren in Zeitnot schwer zu finden, sodass der Punkt letztlich doch an den Favoriten ging.

Nach der Zeitkontrolle liefen wir also einen 2:3-Rückstand hinterher, und das mit zwei schlechten und nur einer vorteilhaften Stellung. Letztere hatte sich Daniel erarbeitet, der an der entscheidenden Stelle wohl einen (Zwischen-)Zug weiter gerechnet hatte als sein Gegner. Belohnt wurde er mit einem Damenendspiel mit Mehrbauern, das auch erst einmal gewonnen werden musste. Als sich der Gegner aber auf den Damentausch einließ, erwies sich das Bauernendspiel um zwei Tempi als gewonnen für uns.

Schäfer – Gheng: Gewinnt Weiß mit 25. Sxc5 einen Bauern oder verliert er wegen der Antwort 25… Sb6 Material?

Es stand jetzt also 3:3 und wir hatten alle unsere vorteilhaften Stellungen „eingelöst“. Thomas hatte in der Eröffnung die Züge verwechselt und als nach 15 Zügen ein weißer Läufer auf g7 auftauchte (gedeckt von einem Bauern auf f6), befürchtete ich schon eine Miniatur. Aber Thomas hielt seine Stellung solange zusammen, bis seinem Gegner offenbar nichts Besseres einfiel als ins Turmendspiel mit f- und h-Mehrbauern abzuwickeln. Das Endspiel ist objektiv remis und Thomas löste die technische Aufgabe souverän – die erste Rettung war geglückt.

Nun hing alles an Colin, dem im frühen Mittelspiel eine Qualität abhanden gekommen war. Ach hier schien die Niederlage nur eine Frage der Zeit zu sein, aber zwei Stunden später hatte sich an der Stellung immer noch nichts geändert: Colin hatte eine halboffene Linie blockiert und alle sonstigen Einbruchsfelder gedeckt, sodass für die gegnerischen Türme nichts zu holen war. Als der Gegner schließlich doch Colins Bauernstruktur knacken konnte, kostete dies zwei Bauern und nun war überhaupt nicht mehr klar, wer besser steht. Hier bot sein Gegner Remis an und obwohl Colin nur zu gerne weitergespielt hätte, entschied er sich im Mannschaftssinne dafür, das 4:4 abzusichern. Aus meiner Sicht zurecht, denn wir haben unser Glück an diesem Tag genug strapaziert.


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