Oberliga, wir kommen (aber nicht mit der Bahn)!

Besser hätte die Ausgangslage kaum noch sein können: Zwei Runden vor Schluss 3 Mannschaftspunkte Vorsprung, in der letzten Runde wartet ein sicherer und bislang punktloser Absteiger, und alle (neun!) Stammspieler hatten für das heutige Spiel zugesagt. Oder wie es das LigaOrakel ausdrückte: „Aufstieg: 99,2%“. Was sich hinter den fehlenden 0,8% verbarg, zeigte uns heute unser Angstgegner Lauffen mit Unterstützung der Deutschen Bahn.

Eine Stunde vor Spielbeginn hieß das Stichwort nämlich nicht Oberliga, sondern Oberleitung. Genauer: Oberleitungsstörung bei Stuttgart, die dafür sorgte, dass Tobis Zug den Halt in Stuttgart einfach ausfallen ließ. Die „alternative“ Verbindung war erst um 10:27 Uhr am Heilbronner Hauptbahnhof und von dort schafft man es ohne Star Trek-Transporter nicht in drei Minuten zum Spiellokal.

Lauffens BMW musste zwar auch durch Stuttgart durch, aber aus einer anderen Richtung und schaffte es noch rechtzeitig. Sehr zum Leidwesen von Kim-Luca, der nicht in die Partie fand und nach einem Bauerneinsteller übel zusammengeschoben wurde. Statt des um 10 Uhr noch nicht unwahrscheinlichen kampflosen 1:1 sah es also stark nach 0:2 aus. Stattdessen stand es aber schnell 1,5:1,5!

Daniels Gegner war nämlich zu stürmisch am Damenflügel vorgeprescht und hatte darüber seine Entwicklung vernachlässigt. Daniel blieb cool, sicherte seine Stellung ab und konnte dann einfach einen Turm des Gegners angreifen, den dieser nicht mehr decken konnte. Und kurz darauf eroberte Kim-Lucas Gegner einen Zug zu früh entscheidendes Material. Hätte er stattdessen zuerst ein Schachfeld abgesichert, hätte Kim-Luca aufgeben müssen; in der Partie entwischte er ins Dauerschach.

Dieser unerwartete halbe Punkt war, wenn nicht schon fast die Weichenstellung (sorry, Tobi!), auf jeden Fall psychologisch wichtig. Nicht dass Sebastian das gebraucht hätte: Er kam bequem aus der Eröffnung heraus, errang Raumvorteil und konnte die Partie dann auch schön abschließen:

Wie brach Weiß am Zug durch?

Dafür ging es bei Steffen drunter und drüber: Ein Springermanöver entpuppte sich als Zeitverlust, den sein Gegner elegant nutzte, um fast alle Figuren auf Steffens König zu richten. Es entstand eine messerscharfe Stellung, deren Bewertung mehrmals zwischen allen Extremen schwankte (zu Stockfish fehlen uns halt doch knapp 1500 ELO). Wer sich in den taktischen Verwicklungen austoben möchte, hier ist die kritische Phase mit oberflächlichen Kommentaren:

Mein sizilianisches Wettrennen war im Vergleich deutlich schwerblütiger: Ich war am Damenflügel etwas schneller als mein Gegner und nervte ihn so lange mit Damentauschangeboten, bis er am Königsflügel einen Bauernvorstoß überstürzte. Mein Mehrbauer war dann zwar fast wertlos, aber kurz vor dem 40. Zug konnte ich seine schlechte Figurenstellung ausnutzen (optisch sah seine Aufstellung zwar gut aus, aber tatsächlich standen sich seine Leichtfiguren im Weg und konnten seine Bauern nicht mehr decken). Da kaum noch Bauern auf dem Brett waren, versuchte er es noch mit einem Figurenopfer, aber nachdem sich der Rauch verzogen hatte, blieb mir neben Turm und Springer gegen Turm noch genau ein Bauer übrig. Geschafft! Wir hatten die 4,5 Brettpunkte und damit die Meisterschaft!

Richard war kurz nach mir fertig: Er diskutierte mit Frank Amos eine dieser typischen halb-italienisch/halb-spanischen Stellungen, in der der weiße Läufer nach schwarzem …h6 und …g5 auf g3 gelandet (oder gestrandet?) war. Oft ist der Läufer dann ein wertloses Stück Holz; heute erwies sich allerdings sein schwarzes Gegenstück auf a7 als Statist, als Richard den Königsflügel knacken und zum Angriff übergehen konnte. Kurz nach der Zeitkontrolle brach er dann endgültig durch und gewann entscheidendes Material.

Mit 29. Td3! bezog Richard den Turm in den Angriff mit ein und nutzte dabei aus, dass Schwarz nicht auf h6 schlagen darf – warum nicht?

War Robin in der vorigen Runde noch als Erstes fertig, so spielte er heute wieder am längsten. In der Eröffnung konnte er Gunnar Schnepp zwar noch überraschen, dieser zeigte sich aber auf der Höhe und es entstand eine sehr scharfe und komplizierte Stellung (so interpretiere ich jedenfalls, dass die beiden Spitzenspieler schon früh viel Zeit verbrauchten). Als sich die Stellung dann nach und nach klärte, musste Robin zwei Leichtfiguren für einen Turm geben und obwohl das Endspiel auf den ersten Blick wie eine Festung aussah, fand sein Gegner einen Gewinnweg.

Nach dem sensationellen Klassenerhalt unserer Ersten und dem Durchmarsch der dritten und vierten Mannschaft hat nun also auch die Zweite das Maximalziel erreicht. Da werden wir beim Grillfest Einiges zu feiern haben 🙂


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