Taktik aus dem wahren Leben (30)

Das Thema dieser Serie ist die „Taktik des Alltags“, also taktische Situationen, mit denen wir Normalsterbliche in unseren Partien konfrontiert sind. Wer genügend Partien gespielt hat, weiß, dass brillante Opferangriffe leider die Ausnahme bilden; entscheidend ist viel häufiger, die kleinen Chancen, die sich links und rechts am Wegesrand auftun, zu erkennen und zu nutzen.

Alle Beispiele kommen aus dem „wahren Leben“, entstammen also meinen eigenen oder Heilbronner Partien. Manchmal kam die Kombination oder taktische Möglichkeit aufs Brett, manchmal wurde sie jedoch auch übersehen. Die Spanne reicht vom simplen kurzzügigen Bauerngewinn bis zu komplexeren Kombinationen, bei denen klassische Motive eventuell in versteckter oder „verfälschter“ Form auftreten können. Hin und wieder ist auch mal eine „Perle“ dabei, entweder in Form einer Kombination „für die Galerie“ oder als gehaltvolle Stellung mit vielen interessanten Motiven und Möglichkeiten, die naturgemäß zum großen Teil unter der Oberfläche bleiben und erst in der Analyse auftauchen.

Schlechter Läufer – oder nicht?

Auch wenn manche bösen Zungen das erst auf den zweiten Blick erkennen: Auf b5 steht tatsächlich ein schwarzer Läufer, kein (Groß-)Bauer 😉 Natürlich stehen die schwarzen Bauern allesamt auf der falschen Farbe und in der geschlossenen Stellung könnten die Leichtfiguren für Weiß kaum besser verteilt sein. Allerdings hat sich Weiß gerade mit 33. Kf4-e3? einen groben Schnitzer geleistet, sodass strategische Überlegungen jetzt erstmal in den Hintergrund treten.

Lösung


Kommentare

Taktik aus dem wahren Leben (30) — 4 Kommentare

  1. Sehr hübsch! Nach 33. – f4+ geht nicht das sicher von Weiß geplante 34. Kxf4?? Tg4+ 35. hxg4 Txg4+ 36. Ke3 Te4# mit überraschendem Matt in der Brettmitte, das Schwarz schon vor 33. Ke3 gedroht hat.
    Nach 34. Kd4 fxg3 sollte Schwarz mit Mehrbauern und aktivem Spiel auf der g-Linie (deutlich?) besser stehen. Aber ob das zum Sieg reicht?

    Herzliche Grüße
    Jochen

    • Genau!

      In der Partie kam das Ende mit Schrecken, aber die Alternative ist ziemlich hoffnungslos. Wenn ich nichts übersehe, dürfte Schwarz nach 33… f4+ 34. Kd4 fxg3 35. fxg3 Txg3 36. Txg3 Txg3 noch mindestens den h3 kassieren; der Trick 37. Tf2 Txh3 38. Sg5? scheitert jedenfalls an 38… Td3#.

  2. Hallo Ramin,

    vielleicht kann man nach 36. – Txg3 noch 37. Tdd1 versuchen. 37. – Txf3 geht nicht wegen 38. Txg8, d3 ist gedeckt. Am besten ist vermutlich 37. – T8g6, denn jetzt hängt f3 und kann nicht gut wegziehen. Weiß kann h3 dann retten durch 38. Txg3 Txg3 39. Sg1, aber die Mattdrohung auf d3, die ich gar nicht gesehen hatte, wird bald zum Zugzwang führen. Wenn ich es richtig sehe, wird Schwarz dann sogar mehr als den h-Bauern kriegen.

    Den Zug T8g6 muss man aber erst einmal finden (vielleicht gibt’s da auch was viel besseres, was ich nicht finde ;-)) und Weiß könnte nach Tg1 darauf kommen, die Türme zu tauschen (Mehrbauer? -> tauschen??), wonach Weiß dank der verkeilten Stellung und des schlechten Läufers durchaus gute Remis-Chancen hat.

    Herzliche Grüße
    Jochen

  3. Hallo Jochen,

    ich fürchte, 36. Tdd1 läuft in Le2, was mindestens noch eine Qualität gewinnen sollte (nach 37. Txg3 Txg3 38. Tg1 Txf3 sogar eine Figur). Sieht also so aus, als muss Weiß ein Turmpaar tauschen und die Linie aufgeben.

    Viele Grüße
    Ramin

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