Liebe ist, wenn es Dorfliebe ist

Flashback zu einer ikonischen Werbung meiner Kindheit.

Wenn man heutzutage „Corona“ sagt, denken die anderen Menschen wahrscheinlich wieder daran, dass man eine Party schmeißen will und gerade das meistverkaufte Bier in Mexiko irgendwo im Angebot ist. Passend dazu wurde auch die Württembergische Schnellschach-Mannschaftsmeisterschaft wieder vom Schachverband Württemberg ausgerichtet. Hierzu geht schon mal ein Dank an Klaus Fuß, welcher als Verbandsspielleiter einen äußerst positiven Eindruck macht.

Dass das Turnier nach 2019 wieder stattfand, machte mich jedoch etwas traurig, da der Wanderpokal schon fünf Jahre bei mir im Wohnzimmer stand. Als ich den Pokal am Samstagmorgen vom Regal nahm, könnte ich schwören, eine traurige Aura verspürt zu haben. Weinte der Pokal sogar?! Oder war das die Folge meiner Cannabis-induzierten Psychose? Denn wie wir wissen, ist Deutschland am 1. April untergegangen, als Cannabis teil-legalisiert wurde. Jetzt läuft jeder nur noch bekifft rum und keiner arbeitet mehr.
Positiv an dem Turnier war, dass wir unsere neuen Vereins-Poloshirts debütierten. Da für die Oberliga-Endrunde (einen Tag später stattfindend) einheitliche Oberbekleidung gefordert war, mussten neue Shirts her. Und sie sehen ziemlich gut aus. Also, wenn ihr bei einem erfolgreichen Verein spielen und zudem gut aussehen wollt, schreibt mich an!

Da wir im Jahr 2019 mit zwei Teams teilnahmen und gewannen, dachten wir, aller guten Dinge sind drei und spielten mit so vielen Teams. Als Konkurrenz sahen wir primär Schönaich an, welche mit der Dorfjugend der Titelfavorit war. Als „Dorfjugend“ in dem Sinn, dass die Jugend ins Dorf eingekauft wurde, à la Hoffenheim. Aber die Wahrheit würde natürlich keine so schöne Geschichte abgeben, dass man sie bei der FAZ veröffentlichen könnte.

Die ersten drei Runden verliefen standesgemäß. Wir gewannen zweimal 4-0 (Stuttgarter SF und Leinfelden) und einmal 3-1 (SF Mengen). Philipp Huber verlor als einziger. Wer hätte da schon ahnen können, dass es mal nicht Philipps Turnier sein würde? Für einen Mann seines Alters (dabei sieht er noch aus wie knackige 29!) noch so eine große Steigerung bis auf über 2300 Elo zu schaffen, das war ein starkes Stück in der vergangenen Saison. Da ist es normal, mal kein so gutes Turnier zu haben.
Jedenfalls waren wir ganz vorne dabei und in der letzten Runde vor der Mittagspause hieß es HN vs. Schönaich. Der neureiche Verein aus der finanzstarken Region Heilbronn gegen die Dorfjugend. Wahrhaftig ein Kampf David gegen Goliath. Und was für ein Kampf es war. Schnell rang Marius Deuer unseren Philipp Huber nieder. Kurz vor dessen Aufgabe gestand sich Tobias Kölle ein, dass er keinen Vorteil rausholen konnte – er bot mir einen Damentausch an. Ich schaute nach links und sah, dass Philipp bald aufgeben würde. Und auch Simon Degenhards Stellung gegen Timur Kocharin erschien mir suspekt. Dann stand ich noch auf, um ans Handy zu gehen und Thomas Tschlatschers Partie gegen Gerhard Junesch auf Lichess live anzuschauen. Daraufhin wurde ich vom Schiedsrichter genullt und wir verloren gegen Schönaich.

Ne, so ganz war es nicht. Thomas‘ Stellung konnte ich mit bloßem Auge nicht erkennen, aber es schien mir zu riskant, beim virtuellen Stand von höchstens 0,5-1,5 noch ein Remis zu machen. Also behielt ich die Damen auf dem Brett, was objektiv leider nicht gut war. Daher verloren wir auch an Brett 1. Thomas hatte die gleichen Gedanken wie ich und überzog ebenfalls. Ein Einsteller von Simon machte das Debakel mit 0-4 komplett. Ja, da hatte uns der kleine David ein Bein gestellt.

Leider lief nach der Mittagspause nicht mehr so viel zusammen. Ich verrechnete mich gegen Valentin Kuklin und wir verloren auch noch gegen Böblingen. Schnellschach ist merkwürdig. Einerseits ist es nicht 100% intuitiv wie Blitz, andererseits ist man nur eine Denkphase von akuter Zeitnot entfernt. Und dann passieren die Fehler. Bis auf ein frustrierendes Letztrunden-Remis gegen André Fischer (TG Biberach) blieb ich für den Rest des Turniers makellos. Auch Thomas spielte exzellent, denn bis auf die Niederlage gegen Gerhard Junesch gab er keine Punkte ab. Nach der Niederlage gegen Böblingen und einem unnötigen 2-2 gegen Schmiden/Cannstatt gewannen wir immerhin die letzten drei Kämpfe, auch wenn es nicht mehr die ganz großen Namen waren: Ludwigsburg, Tuttlingen und TG Biberach.
Philipp und Simon hatten mehr als ich mit der stickigen Luft zu kämpfen. Das wäre ein guter Ausflug für eine Physik-Schulklasse, um zu sehen, dass die Luft sich nicht zwangsläufig bewegen muss, nur weil man ein Fenster oder eine Tür öffnet.

Jetzt könnte man denken, dass wir irgendwie Vierter oder Fünfter geworden sind, bei all den Problemen. Aber tatsächlich reichte unsere insgesamt durchschnittliche Leistung noch für den zweiten Platz! Wir stellten auch das zweitbeste Brett 1 und Brett 4. Insgesamt in Ordnung.

So sehen Zweitplatzierte aus! (Foto: Martin Zebandt)

Was war mit den anderen beiden Teams? Nun, deren Turnierverläufe hätten nicht unterschiedlicher sein können. Die Zweite, nur etwas schwächer aufgestellt als wir, spielte immer vorne mit und teilweise weiter vorne als wir. Gerade Tobias Peng (der seine gute Form bestätigte) und Gunnar Schnepp (der sicher mehr drauf hat als die Oberliga-Saison zeigt) waren Stützen des Teams. Am Ende landeten sie mit 10-8 Mannschaftspunkten auf dem zehnten Platz.
Die dritte Mannschaft spielte meistens an den hinteren Tischen und hatte sogar einmal spielfrei. Aber so ist das Schweizer System. Am Ende hatten sie auch 10-8 MP und errangen den dreizehnten Platz. Sie schlugen sich aber alle tapfer: Daniel an Brett 1 mit 2,5/8, Kim-Luca 4/8 und Magic Marcel 5,5/8. Dann gab es noch Lukas Dietzel mit 3/7, welcher einmal kampflos verlor, weil er zu einer Wohnungsbesichtigung ging. Immer dieses Real Life.

Alle Ergebnisse unter diesem Link.

Im Schnellschach war Schönaich zu stark. Das ist halt die Kraft der Freundschaft, wie ich aus den RTL2-Anime-Nachmittagen gelernt habe. Freundschaft und Dorfliebe schlagen alles. Aber vielleicht nicht im Blitz? Am 27. April finden die Württembergischen Blitz-Mannschaftsmeisterschaften in Illertissen statt. Dann heißt es vielleicht wieder „Blitz und Donner, die…“


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