Das hat wehgetan

Auf dem Papier war unsere Zweite leicht favorisiert, auf den Brettern verpasste uns Ludwigsburg heute aber eine ordentliche Tracht Prügel…

Zum ersten Mal trat Ludwigsburg mit ihrem Stammachter an; aber obwohl wir vorne auf Richard verzichten musste, sahen wir dem Kampf optimistisch entgegen. Allerdings schafften wir es nicht, unsere nominelle (DWZ-)Überlegenheit auf die Bretter zu bringen.

Adam hatte einen ruhigen Tag: Er neutralisierte den weißen Raumvorteil durch Figurentausche und brachte nach etwa zwei Stunden den ersten halben Punkt auf unser Konto. Zu dem Zeitpunkt ahnte noch niemand, dass das auch unser letzter halber Punkt sein sollte…

Steffen hatte wie gewohnt früh einen Bauern geopfert, aber diesmal stockte sein Gegenspiel. Trotz halboffener f-Linie und Dame auf b6 blieb das Feld f2 unerreichbar – stattdessen brachen plötzlich die weißen Figuren in Steffens Königsstellung ein und es stand 0,5:1,5.

Ich hatte denselben Gegner wie letztes Jahr und bis zum 9. Zug auch dieselbe Stellung. Im 10. Zug wich ich von unser Vorgängerpartie ab, im 11. Zug griff ich schon fehl und mein Qualitätsopfer im 13. Zug sah zwar nett aus, reichte aber nicht für volle Kompensation. In der Folge rechnete er einfach sauberer als ich und nachdem er demonstrierte, dass die Maschen meines Mattnetzes groß genug für seinen König waren, blieb mir nur die Aufgabe. 0,5:2,5.

Robin spielte wieder Robinschach und überraschte seinen Gegner mit einer provokanten Eröffnung. Ohne die genauen Zahlen zu haben, tippe ich, dass seine Ausbeute damit auch gegen stärkste Gegnerschaft ziemlich gut ist, aber diese Saison läuft Robin leider seiner Form hinterher. Sein Gegner brach am Königsflügel durch, gewann die Qualität und kurz nach der Zeitkontrolle auch die Partie. Angeblich sind Türme 5 Bauern wert und Leichtfiguren 3 bis 3,5, aber kann Schach wirklich so einfach sein? Die 3,5 entsprach jetzt jedenfalls dem Zwischenstand, nur auf der falschen Seite. 0,5:3,5.

Tobias kam auch nicht gut aus der Eröffnung und verlor früh einen Zentrumsbauern. Bei reduziertem Material mobilisierte er zwar noch seine gesamte Armee gegen den schwarzen König, aber Routinier Vaysberg wehrte den Angriff souverän ab. 0,5:4,5.

Die Mannschaftspunkte waren weg, jetzt ging es um Schadensbegrenzung. Kim-Luca hatte eine schöne Druckstellung am Damenflügel aufgebaut und steckte eine Qualität für einen starken Freibauern ins Geschäft. Optisch sah es sehr stark aus, doch während wir Zuschauer nach dem Gewinnweg suchten, musste Kim-Luca in Zeitnot Entscheidungen treffen und traf irgendwo die falsche. Ein paar Abtausche später war der Stolz seiner Stellung weg und das Endspiel verloren. 0,5:5,5.

Sind Türme etwa doch stärker als Leichtfiguren? Auch Sebastian verlor im Mittelspiel eine Qualität und auch bei ihm sah es zunächst danach aus, als würde sein Läuferpaar den Laden halbwegs zusammenhalten. Insbesondere der sicher gedeckte Läufer auf e4 nahm den weißen Türmen gleich zwei Linien weg (durch Blockade der e-Linie und Kontrolle von c2). Aber trotz Sebastians Kampfgeist und zäher Verteidigung schaffte es sein Gegner schließlich, den Königsflügel zu öffnen und mit seinen Schwerfiguren entscheidend einzudringen. 0,5:6,5.

Und als wäre das nicht schon bitter genug, wurde es jetzt noch richtig tragisch: Jürgen hatte seinen Gegner in einem schwerblütigen Manövrierkampf auslaviert, wählte dann aber die falsche taktische Abwicklung. Nach dem Computerzug hätte er klaren Materialvorteil gehabt, in der Partie entstand ein ebenfalls vorteilhaftes, aber schwieriges Endspiel mit Turm und zwei Bauern gegen zwei Leichtfiguren (ha, diesmal hatten wir den Turm!). Vom desaströsen Stand des Mannschaftskampfes unbeirrt spielte er aktiv weiter, opferte eine Qualität für eine Freibauernwalze… und wurde doch noch ausgetrickst:

Zieht der Springer, rollen die weißen Bauern. Nach langem Nachdenken entkorkte Schwarz daher 52… Lh3. Was ist die schwarze Idee, falls Weiß den Springer schlägt? Und wie soll Weiß fortsetzen?

Als Zuschauer konnte ich froh sein, nicht auf einem Hocker zu sitzen, sonst hätte es mich wohl von selbigem gehauen. Jürgen schaffte es irgendwie, sitzen zu bleiben, musste nun aber (mit begrenzter Zeit nach 4,5 Stunden Spieldauer) das schwarze Opfer korrekt beurteilen. Kleiner nicht hilfreicher Tipp des Computers: Es gibt jetzt genau einen Gewinnweg für Weiß und genau einen (steinigen) Weg zum Remis; alles andere verliert. Leider fiel Jürgens Antwort in die dritte Kategorie und er musste sich bald darauf geschlagen geben.

Bobby Fischer soll einmal gesagt haben: „One day you give your opponent a lesson, the next day he gives you one.“ Frei übersetzt: An einem Tag erteilst du deinem Gegner eine Lektion; am nächsten erteilt er dir eine. Die Lektion heute war schmerzhaft, aber wir haben jetzt vier Wochen Zeit, sie zu lernen. Dann empfängt uns der ehemalige Abstiegskandidat SpVgg Böblingen, die heute in Wolfbusch 5,5 fette Ausrufezeichen gesetzt haben. Wir sind gewarnt.


Kommentare

Das hat wehgetan — Ein Kommentar

  1. Um die Aufgabe mal aufzulösen:

    Weiß hätte den Springer schlagen müssen: Nach 52… Lh3 53. exd5 Te2 droht Schwarz brutal …Tg2+. Nach dem zweitbesten Zug 54. d6?! Tg2+ 55. Kh1 (nach 55. Kf1?? Txd2+ verliert Weiß alles) 55… Tf2! muss Weiß mit 56. Tc1 Txd2 seinen Läufer hergeben, dafür wird Schwarz nach 57. d7 Txd4 wiederum seinen Läufer für die beiden Freibauern geben müssen. Übrig bleibt ein Turmendspiel, das trotz weißem Minusbauer remis ist – solange der schwarze König nicht zu aktiv wird.

    Die stärkste Fortsetzung wäre 53. exd5 Te2 54. Tc3!! mit sofortigem Gegenangriff auf den schwarzen Läufer gewesen. Ohne den Lh3 gibt es kein Matt und das Turmendspiel nach 54… Txd2 55. Txh3 ist für Weiß klar gewonnen.

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