Taktik aus dem wahren Leben (43)

Das Thema dieser Serie ist die „Taktik des Alltags“, also taktische Situationen, mit denen wir Normalsterbliche in unseren Partien konfrontiert sind. Wer genügend Partien gespielt hat, weiß, dass brillante Opferangriffe leider die Ausnahme bilden; entscheidend ist viel häufiger, die kleinen Chancen, die sich links und rechts am Wegesrand auftun, zu erkennen und zu nutzen.

Alle Beispiele kommen aus dem „wahren Leben“, entstammen also meinen eigenen oder Heilbronner Partien. Manchmal kam die Kombination oder taktische Möglichkeit aufs Brett, manchmal wurde sie jedoch auch übersehen. Die Spanne reicht vom simplen kurzzügigen Bauerngewinn bis zu komplexeren Kombinationen, bei denen klassische Motive eventuell in versteckter oder „verfälschter“ Form auftreten können. Hin und wieder ist auch mal eine „Perle“ dabei, entweder in Form einer Kombination „für die Galerie“ oder als gehaltvolle Stellung mit vielen interessanten Motiven und Möglichkeiten, die naturgemäß zum großen Teil unter der Oberfläche bleiben und erst in der Analyse auftauchen.

Ein klassisches Motiv

Im englischen Sprachraum als „greek gift“ bekannt (dabei schenkten die Griechen den Trojanern doch eigentlich ein Pferd?!), sollte das Läuferopfer auf h7 bzw. h2 zur Grundausstattung jedes Vereinsspielers gehören. Nachdem man das Motiv in der Partie (hoffentlich rechtzeitig) erkannt hat, muss es natürlich im Hinblick auf den Einzelfall abgeklopft werden: Schlägt der Angriff durch? Kommt der Verteidiger davon? Oder landen wir irgendwo im Graubereich (objektiv nicht korrekt, aber praktisch kaum zu verteidigen)?


Lösung


Kommentare

Taktik aus dem wahren Leben (43) — 2 Kommentare

  1. Das müßte deine Partie gegen Neckarsulm gewesen sein. Die wichtige ungewöhnliche Verteidigungsressource war hier der Damenschwenk über a5 nach f5 um h7 zu verteidigen. Dein Gegner glaubte dir dies und opferte erst gar nicht. Doch weil das Damenschach den Läufer nach d2 lenkt, kann Weiß mit Lb4 zumindest die Qualität zurückgewinnen, wonach die Stellung für praktische Zwecke unklar ist.
    ca.10.Lxh7+ Kxh7 11.Sg5+ Kg8 12.Dh5 Da5+ 13.Ld2 Df5 14.Lb4 De4+ 15.Kf1 Dg6 16.Dxg6 fxg6 17.Lxf8 Kxf8. Läuferpaar und Zentralfreibauer gefalen mir besser als der Turm.
    Ich dachte das Trojanische Pferd wäre im Schach eine Bezeichnung für einen auf g5 (bzw.g4) vom h-Bauern angeremplten Springer, welcher sich nicht zurückzieht, sondern vom eigenem H-Bauern gedeckt wird, um im Falle der Opferannahme einen Angriff über die H-Linie zu inszenieren. Das Motiv gibt es natürlich auch mit Läufer statt Springer (z.B. im Spanisch Abtausch), doch dann passt der Name nicht. Dise folgt der Geschichte besser, weil die Annahme dieses Opfertyps im Gegensatz zum klassischem Läuferopfer nicht erzwungen ist (Und der Erfolg der List des Odysseus von der Gier des Priamos abhing.). Möglicherweise weichen die englischen Trivialnamenkonventionen von den deutschen ab, oder Trivialnamen heißen so, weil sie nicht in Stein gemeiselt sind.

    • Frei nach Radio Jerewan: Im Prinzip ja, aber es war nicht Neckarsulm, sondern Neuenstadt und mein Gegner glaubte mir nicht, sondern hat geopfert 😉

      Die von dir genannte Variante kam aber (über Zugumstellung) aufs Brett und ich den Damenflügel rechtzeitig entwickeln, bevor er über die h-Linie reinkam.

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