Das Thema dieser Serie ist die „Taktik des Alltags“, also taktische Situationen, mit denen wir Normalsterbliche in unseren Partien konfrontiert sind. Wer genügend Partien gespielt hat, weiß, dass brillante Opferangriffe leider die Ausnahme bilden; entscheidend ist viel häufiger, die kleinen Chancen, die sich links und rechts am Wegesrand auftun, zu erkennen und zu nutzen.
Alle Beispiele kommen aus dem „wahren Leben“, entstammen also meinen eigenen oder Heilbronner Partien. Manchmal kam die Kombination oder taktische Möglichkeit aufs Brett, manchmal wurde sie jedoch auch übersehen. Die Spanne reicht vom simplen kurzzügigen Bauerngewinn bis zu komplexeren Kombinationen, bei denen klassische Motive eventuell in versteckter oder „verfälschter“ Form auftreten können. Hin und wieder ist auch mal eine „Perle“ dabei, entweder in Form einer Kombination „für die Galerie“ oder als gehaltvolle Stellung mit vielen interessanten Motiven und Möglichkeiten, die naturgemäß zum großen Teil unter der Oberfläche bleiben und erst in der Analyse auftauchen.
In der heutigen Stellung hat Weiß offensichtlich eine Mehrfigur und die hat er sich durch gutes Spiel auch verdient. Mit anderen Worten: Weiß steht auf Gewinn und reagierte auf den letzten schwarzen Zug 30… Dc5-d4 mit 31. Lg2.
- Gut oder schlecht?
- Falls schlecht: Warum und was hättet Ihr stattdessen gezogen?
Die Stellung erinnnert mich an meine Partie gegen Ludwigsburg von vor langer Zeit. Falls dies stimmt, hatte Weiß hier nur noch wenig Zeit für die verbleibenden 10 Züge. 31.Lg2 war falsch, weil es mir erlaubte, mit Tf2 nebst Td2 die Partie zu meinen Gunsten zu drehen. Stattdessen wäre es gut gewesen, den König mit 31.Kg2 aktiv an der Verteidigung zu beteiligen. Z.B.: De3 32.Lg4 De1 33.De2 mit Vollüberdeckung.
Genau.
Nach Kg2 spuckt der Computer nochmal einige interessante Varianten aus – die sicher zu durchschiffen, ist am Brett auch mit genug Zeit schwierig.