Auf diesen Tag hatten Viele gewartet. Mit dem heutigen Heimspiel gegen Stuttgart II hatten wir die große Chance, uns wohl endgültig vom Rest zu distanzieren und damit den ersehnten Aufstieg perfekt zu machen. Dabei konnten wir alle verfügbaren Geschütze auffahren, es spielten die Bretter 1-7 und Mannschaftsführer Julian, wodurch wir uns gute Chancen ausrechneten, die Schmach der letzten Saison (2,5-5,5 in Stuttgart) zu revanchieren.
Als auch Jürgen kurz nach 10 eintrudelte, stellte ich erschreckt fest: Niemand hatte kaltgestellten Champagner für die Aufstiegsfeier mitgenommen! Schlecht organisiert von uns, ganz eindeutig. Da es Sonntag war, konnte man außer an einer Tankstelle auch keinen mehr besorgen. Jedoch hätte ein Sekteinkauf an einer Tankstelle die Vereinskasse zu sehr belastet, wodurch wir einfach verzichteten und eine mögliche Aufstiegsfeier inoffiziell nach hinten verschoben. Unabhängig vom heutigen Ergebnis.
Im Gegensatz zu fließendem Sekt (oder Wasser) begann der Kampf relativ zäh. Jürgen hatte einen optischen leichten Vorteil in Form etwas besser postierter Figuren, wie z.B. ein Läufer auf b2, der freie Sicht auf den schwarzen König hatte. Schwarz schaffte es jedoch, die Situation unter Kontrolle zu bringen, indem Jürgens Dame der Weg von d4 nach h4 verwehrt wurde. Trotz der grob ausgeglichenen Stellung schien ein Remisschluss etwas früh, da ja nur ein Springerpaar und zwei Bauern getauscht wurden. Ein halber Schritt näher zum Aufstieg!
Erstmals in Führung brachte uns Adam. Mit Schwarz schaffte er in einer Damengambit-Struktur relativ leicht einen frühen Ausgleich und begann aufgrund einer weißen Schwächung f2-f3 ein Spiel am Königsflügel und gegen den weichen Bauern auf e3. Als Weiß daraufhin seine Figuren im Zentrum und am Königsflügel konzentrierte, öffnete Adam sehr stark eine zweite Front am Damenflügel und sein Turm auf a8 erwachte zum Leben. Mit knapp werdender Zeit brach Adams Gegner unter dem brettumfassenden Druck zusammen und Adam sammelte unendlich viel Material ein. Ein Schritt näher zum Aufstieg!
Anders als Jürgen spielte unser Franzose Nicolas heute gar keine solide Partie. Mit Schwarz an Brett 1 wurde er sehr früh sehr gierig, was nach den ungeschriebenen Gesetzen des Schachspiels, sofern es sowas überhaupt gibt, eigentlich zum Verlust führen sollte. Zwischenzeitlich war die Lage auch sehr bedenklich und jeder PC hätte wohl einen sofortigen Gewinn für Weiß ausgespuckt. Da wir aber (noch) Verbandsliga und nicht Bundesliga spielen, drehte sich die Partie mehr oder weniger. Am Ende hatte Weiß noch einen symbolischen Vorteil aufgrund eines gestrandeten schwarzen Königs auf f6, aber um den gewissermaßen positiven Partietrend für Nicolas zu stoppen, einigten sich beide Parteien auf ein Dauerschach. Ein halber Schritt näher zum Aufstieg!
Für mich stand neben dem Aufstieg auch die persönliche Revanche gegen Robert Gabriel an. Letzte Saison verlor ich den taktischen Überblick, dieses Jahr legte ich die Partie etwas ruhiger mit Weiß an. Wie gewöhnlich in Französisch-Isolanistellungen hatte ich leichten Vorteil und konnte potenzielle Aktivität mit ein paar Abtäuschen vorbeugen. Das letzte Turmpaar ließ ich dann auf dem Brett, da ich mit Dame + Leichtfigur(en) vs. Dame + Leichtfigur(en) in Isolani-Stellungen keine besonders guten Erfahrungen im Hinblick aufs Gewinnen gemacht habe (siehe hier). Das erwies sich dann auch direkt als entscheidend:
Danach konnte ich taktisch ins Turmendspiel abwickeln und hatte mit zwei Mehrbauern keine Schwierigkeiten mehr. Ein Schritt näher zum Aufstieg!
Cheffe trat mit Schwarz gegen den erfahrenen Hartmut Schmid an. Jener überzeugte mich bereits bei seinem Spiel gegen Hall durch seine grundsolide Spielart, mit der er seinen Gegner langsam ausquetschen wollte. Cheffe machte es jedoch besser als Dieter Frühsorger und fand Gegenspiel im Zentrum, was in entlastenden Abtäuschen resultierte. Die Stellung befand sich dann bis Zug 40 im Gleichgewicht, dann unterlief Cheffe (laut Partieformular, ich habe es nicht gesehen, vielleicht kann er mich ja korrigieren?) ein grober Patzer im 40. Zug (wie typisch) und die Mühen waren umsonst. Stuttgart war damit wieder dran.
Auch Robin saß mit Josef Gabriel einer geballten Menge an Erfahrung gegenüber (über 200 Turnierauswertungen). Langsam, aber sicher, konnte Robin die Vorteilsbemühungen seines Gegners neutralisieren und zeigte die Ungenauigkeiten in der weißen Figurenaufstellung auf. Im reinen Springerendspiel konnte Robin dann bessere Figuren und einen potenziellen h-Freibauern aufweisen. Er rechnete sehr lange an einem gewinnbringenden Figurenopfer, sein Gegner wählte jedoch eine andere Fortsetzung, bei der beide Seiten gleichzeitig eine Dame bekamen, Robin aber immer noch eine Minusfigur. Glücklicherweise war ein forciertes Dauerschach auf dem Brett, Damen sind halt starke Figuren bei offener Königsstellung. Ein halber Schritt näher zum Aufstieg!
Nach einiger Zeit traute sich auch Ulrich wieder, für uns zu spielen. Er spielte gewohnt stark und bestrafte den passiven Aufbau seines Gegners mit einem taktischen Übergang in ein klar besseres Endspiel. Man muss sich dazu nur Folgendes vorstellen:
Weiß: Sd5, Bauern c4 und g5
Schwarz: Lf8, Bauern d6,c5,g7,g6
Der Läufer auf f8 war eine extrem traurige Figur und das reine Leichtfigurenendspiel bei gleicher Anzahl an Bauern schien hoffnungslos. Ulrich spielte aber 1x ungenau und ließ dann zu, dass der Läufer über d8 aus seinem Käfig entwischte. Zwar gewann Ulrich einen Bauern, aber mit Bauern auf c4 und b6 konnte er gegen den Bauern b7 nicht gewinnen, da Schwarz Zeit hatte, seinen König auf den Damenflügel zu bringen. Somit einigten sich beide Parteien auf Remis. Ein halber Schritt näher zum Aufstieg! Einen Mannschaftspunkt hatten wir damit sicher.
Das Zünglein an der Waage sollte dann Julian sein. Insgesamt erwischte er heute leider keinen guten Tag. Nach einer zweifelhaften Eröffnungsbehandlung ließ Schwarz ihn noch entkommen, dann konnte Julian aber nicht genug Druck aufbauen, um durchzubrechen. Mit beginnender Zeitnot veropferte Julian sich, bemerkte das Loch in seiner Kombination aber zu spät. Infolgedessen musste er ein Endspiel mit Turm + 2 Bauern gegen Turm + Springer (+ paar andere Bauern) verteidigen. Mehr Figuren bedeutet leider „mehr Spielmöglichkeiten“ und so ließ Julians Gegner leider keine Schwindelchance mehr zu. Julian verlor.
Die Stuttgarter trotzten uns damit ein 4-4 ab. An manchen Brettern hatten wir etwas Glück, an anderen Brettern dafür sie. Insgesamt also in Ordnung. Spannend war natürlich, was bei den anderen passieren würde, da noch ein paar Top-Begegnungen ausstanden.
Beginnen wir im Tabellen“keller“:
Dort gewann Feuerbach gegen Stuttgart III in einem 8 vs. 6-Duell mit 5,5:2,5. Den Feuerbachern kann man damit zum Klassenerhalt gratulieren! Stuttgart III hat die letzte Chance verspielt, unter Schützenhilfe der Kollegen von Stuttgart II in der 9. Runde noch an Feuerbach vorbeizuziehen.
Spielermangel war diese Runde nicht Mangelware. In Böblingen spielten sieben Böblinger gegen sechs Wolfbuscher. Das Duell ging 3,5:3,5 aus, ohnehin ging für beide Teams nichts mehr, weder nach oben noch nach unten.
Einer unserer Verfolger, der SK Schwäbisch Hall, hatte es mit den sicheren Absteigern aus Willsbach zu tun. Hall gewann zwar erwartungsgemäß, aber ohne einen Kampf wollte sich Willsbach nicht verabschieden und verlor nur 3:5. Dennoch schade für die Willsbacher, ich persönlich hoffe, dass der Abwärtstrend kommende Saison gestoppt wird – gegen unsere Zweite sollten sie 2016/17 aber nicht unbedingt die Punkte mitnehmen.
Das andere Spitzenduell (neben unserem Spiel) war das Heimspiel der Lauffener gegen Grunbach. Gerade mit unserem 4:4 hofften wir natürlich auf Schützenhilfe. Und wir sollten nicht enttäuscht werden. Lauffen schlug Grunbach knapp mit 4,5:3,5 und begrub damit die Aufstiegschancen unseres bis dato ärgsten Verfolgers.
Schwäbisch Hall (gegen Grunbach) und Lauffen (gegen Wolfbusch) können uns bei 2 Mannschaftspunkten sowie 3 respektive 6 Brettpunkten Rückstand noch theoretisch einholen, während wir am 17. April bei den Willsbacher gastieren. Ja, es ist fast geschafft. Aber allzu sicher sollten wir uns nicht sein, wie die Marbacher mal traurigerweise demonstriert haben.
Dennoch haben wir eine ziemlich luxuriöse Position. Werfen wir mal einen Blick auf die Tabelle der Verbandsliga Süd nach der 8. Runde…
…dann stellen wir fest, dass wir es wirklich sehr gut haben.
Beim nächsten Mal bunkert hoffentlich jemand den Champagner. Falls wir verlieren sollten, haben wir ja trotzdem einen Grund zum Trinken – Frust.
Hallo Enis !
Ab und zu besuche ich die Home Page des SV Heilbronn.
Eigentlich nur um die kleinen Aufgaben zu lösen.
Dieses mal bin ich etwas neugierig geworden, als ich die Überschrift dieses Artikels gelesen habe.
Im Abschnitt 1. war die Revanche gegen die Stuttgarter angekündugt.
Danach mußte ich zehn Abschnitte einschließlich eines Diagranmms lesen.
Erst in Abschnitt elf habe ich dann erfahren, dass der Mannschaftskampf mit einem 4 : 4 Unentschieden endete und die Meisterschaft erst in der letzten Runde entschieden wird.
Ich bin der Meinung, dass kurze und sachliche Berichte mehr Wirksamkeit haben. Zu viele Details ermüden den Leser.
mfg
Kunibert Bender
habe, nn BERSCHRIFT DIESES man
Hallo Kunibert!
Da hat zumindest die Überschrift doch ihre Wirkung entfaltet 🙂
Danke für deine ehrliche Meinung. Hier gibt es aber verschiedene Ansichten und da ich regelmäßig zu hören bekomme, dass meine Berichte eine Bereicherung sind – nicht nur von Vereinsmitgliedern! – habe ich nicht vor, etwas an meinem Stil zu ändern.
Meine persönliche Meinung ist: Ein Bericht sollte schon mit Leben und Inhalt gefüllt sein. Wenn ich einen kurzen Bericht will, dann kann ich auch auf das Ergebnis verweisen, was einen Bericht dann wieder redundant macht.
Gruß
PS: Die Anmerkung der mangelnden Sachlichkeit kann ich mit Sicherheit nicht stehen lassen, denn von der Sache – dem Spiel – berichte ich doch ausführlich in objektiver Manier. Oder gibt es eine neue Definition von „sachlich“, die ich verpasst habe?