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Es sollte offensichtlich sein, was unter diesem Link versteckt ist.
Es ist schon seit einiger Zeit unerträglich heiß. Möglicherweise sollte die FIDE statt regelmäßigen, teilweise sinnfreien Regeländerungen lieber veranlassen, dass Klimaanlagen in allen Schachlokalen Pflicht sind, welche mehr als zehn Leute beherbergen sollen? Zumindest würde mich das eher motivieren, im Sommer Schach zu spielen. Da im Prinzip meine gesamten Semesterferien in Hitze untergehen werden, fällt es mir schwer, das Ziel „IM 2019“ ernsthaft zu verfolgen…
Jedenfalls standen noch ein paar Aufwärmübungen für die neue Saison an. Im Unterland- sowie KO-Pokal (Schachverband Württemberg) ging es in die jeweiligen Endrunden, Ulrich durfte für Deutschland bei den Seniorenweltmeisterschaften teilnehmen, eine Schulschach-Ära neigt sich dem Ende zu und außerdem veranstalteten unsere Nachbarn die ersten „Unterländer Schachtage“. Einiges aus dem Monat Juli zum Aufarbeiten!
Beim Unterlandpokal war prinzipiell nicht klar, wer jetzt eigentlich das Imperium ist, wir als klare Ratingfavoriten oder die Ludwigsburger mit ihren fünf (!) Mannschaften, welche selbstverständlich nicht davon absahen, die leider immer noch unklaren Regularien der Pokalwettbewerbe im SVW auszunutzen. Dies führte unter anderem dazu, dass bei der zentralen Endrunde, bei welcher wir zwei Mal eine Ludwigsburger Mannschaften als Gegner bekamen, zwei Mal Branko Vrabac gegenüber saßen. Wer es braucht…
Auf dem Brett waren wir dann eher das Imperium. In beiden Runden gaben wir uns absolut keine Blöße. Ludwigsburg „1“ (was da jetzt die Erste war, war wie erwähnt nicht zu sagen) schlugen wir in Runde 4 mit 4:0, während und Ludwigsburg „2“ in der Schlussrunde ein Remis zu einem 3,5:0,5 abnahm. Somit schafften Robin Stürmer, Simon Degenhard, Steffen Mages und ich das, woran wir die Jahre davor scheiterten: den Gewinn des Unterlandpokals und zwar wie. Die primäre Wertung der Brettpunkte gewannen wir mit 17/20 Punkten mit drei Punkten Vorsprung extrem eindeutig und dominant. Hätten wir zwei Bretter nicht kampflos abgegeben im Laufe der Saison…
Im Anschluss spielten Simon und Steffen noch bei der „Goldenen 9“ mit, einem traditionsreichen Blitzturnier in unserem Schachbezirk. Leider war ihnen das Glück hier nicht mehr hold, das Turnier gewann souverän Tomasz Turski vom SC Ingersheim.
Unterlandpokal.
Dank der Reorganisation des Seniorenschachs (zwei Altersklassen 50+ und 65+) kam unser IM Ulrich Schulze in den Genuss, bei den Seniorenweltmeisterschaften teilzunehmen. Dort war er an Brett 4 von Deutschland 1 aufgestellt, sein Team führte der bekannte Altmeister Vlastimil Hort an. Auch wenn die deutschen Teams stark waren und Heimvorteil (gespielt wurde in Dresden) hatten, war den Russen kein Vorbeikommen, welche mit u.a. E. Sveshnikov an 1 (ja richtig, DER Sveshnikov von der Variante im Sizilianer) durchmarschierten und alle Runden gewannen. Die deutschen Teams waren den Russen auf den Plätzen 3 und 4 auf den Fersen. Ulrich durfte sieben von neun Runden spielen und holte starke 5,5 Punkte.
Senioren-Team-WM.
Machen wir mal eine 180 Grad-Drehung wie Darth Vader in Star Wars und befassen wir uns wieder mit Jugendschach, genauer dem Schulschach.
Die glorreichen Jahre des Robert-Mayer-Gymnasiums im Schulschach sind sicher noch nicht vorbei, denn der „Nachwuchs“ hat schon übernommen. Für die alte Garde bleibt noch der Schulschachpokal, da Deutsche Meisterschaften in der Gruppe der ältesten Schüler/innen, der WK 1, nicht stattfinden. Diesen Pokal gewann das RMG die letzten vier Jahre hintereinander.
Auch dieses Jahr pflügte das Team, bestehend aus Simon Degenhard, Kim-Luca Lahouel (beide HSchV), Noah Geltz sowie Alexander Eurich (beide HN-Biberach) durch die Gegner wie der Todesstern durch Alderaan (RIP). Eine derartige Dominanz gab es wohl nie: es wurden alle sieben Kämpfe gewonnen, mit sagenhaften 27,5/28 Brettpunkten. Herzlichen Glückwunsch dazu! Simon und Kim-Luca haben wenigstens noch ein Jahr…das wäre dann das halbe Dutzend in Folge.
Zu ihrem Jubiläum veranstalteten unsere Nachbarn ein siebenründiges Langschachopen. Dankenswerterweise (Achtung: Sarkasmus) legte der SVW die Endrunde des KO-Pokals auf das selbe Wochenende wie die „Unterländer Schachtage“. Neben den beginnenden Sommerferien war dies leider noch ein Grund, dem Turnier nicht beizuwohnen. Immerhin nahmen mit Thomas Leykauf, Utz Kammerer (beide B) sowie Nikolas Pogan (A) drei Spieler unseres Vereins teil.
Im B-Open, welches mit Nikola Vintonjak übrigens ein alter Bekannter mit 6,5/7 gewann, teilten sich Thomas und Utz das gleiche Punktekonto: 3/7 Punkte. Jeder von beiden wird selbst etwas mit diesem Ergebnis anfangen müssen. Bei Thomas hat sicher der Heimvorteil nachgeholfen.
Ganz oben war Niko kontinuierlich vorne dabei, holte hier und da vielleicht etwas zu wenig raus, verlor jedoch nicht. Der letzte Tag sollte der entscheidende sein, leider behielt Niko in beiden Partien nicht die Nerven.
Niko gegen FM Vladimir Podat (2361). Wie hätte er hier sehr leicht Remis machen können? Im Anschluss verlor er noch.
Hier führte Niko die schwarzen Steine gegen den Wimpfener Philipp Huber. Die Qual der Wahl: …Lf4 oder …Td7? Welcher Zug verspricht mehr?
Mit 0,5/2 am letzten Tag war in Sachen Preisgeld natürlich nichts mehr zu holen. Schade, denn das Potenzial für mehr war da. Hoffentlich kann Niko dies beim „Riga Technical University Open“ im August abrufen, wenn er mit Größen wie Shirov in einen Lostopf geschmissen wird.
Ergebnisse Unterländer Schachtage.
Ganz Imperator-like delegierte ich die Schreibarbeit für den KO-Pokal zu Robin. Wenn er nur wüsste, dass meine Macht sowieso nicht zu brechen ist…
„Nachdem wir letzte Saison beide Pokalfinale (Enis: KO-Pokal Unterland und SVW) verloren hatten und auf deutscher Ebene kläglich scheiterten, wollten wir es dieses Mal besser machen. Als Vorjahresfinalist waren wir immerhin schon für die württembergische Ebene qualifiziert und mussten uns nicht durch den Bezirk mühen (wo wir bestimmt gegen Ingersheim gepatzt hätten Enis: die haben wir letztes Mal 4:0 besiegt…). Wie wir beide Schönaicher Mannschaften bezwangen wurde bereits berichtet. Zum ersten Mal wurden Halb- und Finale sowie das Spiel um die goldene Ananas gemeinsam ausgerichtet. Was zwar eigentlich eine gute Idee ist, brachte uns in Besetzungsnöte, da somit eine einvernehmliche Terminvereinbarung nicht möglich war. Niko Pogan spielte in Biberach mit und die Hälfte war in den Ferien oder anderweitig ausgebucht. Glücklicherweise erlaubte uns der SVW Kim-Luca Lahouel nachzumelden, da wir am Samstag sonst zu dritt nicht wirklich hätten antreten wollen.
Im ergänzenden Halbfinale deklassierte Bebenhausen den Ausrichter Spraitbach deutlich. Einzig am zweiten Brett gab es kurzzeitig Remishoffnungen doch letzten Endes stand ein klar verdientes 4:0.
Wir waren gegen Schwaigern zwar auch favorisiert, taten uns aber entschiedenschwerer.
Enis hatte mir das schwarze, erste Brett überlassen und nahm seinen Gegner in nur 15 Zügen komplett auseinander.
Mein Gegner tauschte früh viel ab und verschanzte sich dann in einer gedrückten aber soliden Stellung. Hätte er sich nun auf den Bauch gelegt und still abgewartet, wären mir bei korrekter Verteidigung wahrscheinlich nur fruchtlose Knetversuche geblieben. Er suchte aber aktives Gegenspiel und erkannte zu spät, dass bei beginnender Öffnung des Spieles mein Läufer und Turm besser harmonieren als sein Springer und Turm. Um dem entgegenzuwirken, versuchte er ein strategisches Bauernopfer, welches gegen einen weniger erfahrenen Widersacher wohl gereicht hätte, mir aber erlaubte, meinen Vorteil durch genaues Spiel auszubauen. Seine letzten Remishoffnungen ruhten darauf, meinen Bauernbestand unter Springeropfer soweit zu dezimieren, dass die Gewinnführung extrem schwierig wird. Dies vermied ich aber geschickt und drängte seinen König an den Rand, wo ich ihn taktisch erlegte.
Mit zwei Siegen an den vorderen Brettern war damit der Finaleinzug nach Berliner Wertung schon mal sichergestellt.
Am vierten Brett fraß Kim-Luca mit Schwarz einfach mal einen Zentrumsbauern raus, stand dafür aber etwas gedrückt. Um sich zu befreien, musste er ungleichfarbige Läufer zulassen. Anstatt nun geschickt mit den Schwerfiguren zu manövrieren, versuchte er einen direkten Freibauernvorstoß, welcher ein taktisches Loch hatte, weswegen die Schwerfiguren abgetauscht wurden. Im entstehenden reinem Läuferendspiel hatte Kim-Luca zwar zwei verbundene Freibauern auf A und B, doch war der weiße König viel aktiver, weshalb ein Gewinn, wenn überhaupt, nur sehr schwer zu erreichen war. Dass er in dieser Situation Remis annahm ist, zwar bei einer 2:0 Führung prinzipiell in Ordnung, doch da es möglich war, komplett risikofrei auf Sieg zu spielen, plädiere ich gerade bei Jugendspielern dafür, noch alles zu versuchen, denn dieses Training gibt es halt sonst nicht und wenn er irgendwann mal in einer ähnlichen Lage auf Gewinn spielen muss, wird ihm diese Erfahrung fehlen.
Thomas an drei war besoffen oder verkatert oder beides. Auch wenn er nicht kampflos verlor, merkte man ihm an, dass er indisponiert war. Häufig wich er kritischen Fortsetzungen aus. Ein unforcierter Figureneinsteller war der negative Höhepunkt der Partie.
Im Spiel um die Goldene Ananas lag Schwaigern schnell kampflos vorne, da der vierte Spraitbacher nicht gewußt hatte, dass das Sonntagsspiel schon um 9 Uhr beginnt und erst um 14 Uhr auftauchen wollte. Kurz darauf glich Spraitbach aber am zweiten Brett aus und remisierte an Eins. Nach Berliner Wertung liegt Spraitbach nun bei einem Remis an drei vorne. Also musste der Schwaigerner Jugendliche Janis Kohde ein geschlossenes Doppelturmendspiel auf Gewinn spielen, welches eigentlich total ausgeglichen ist. Aus unerklärlichen Gründen entschließt sich sein Spraitbacher Widersacher sodann für einen Durchbruch bei dem alle Türme getauscht werden und das entstehende Bauernendspiel ganz einfach für Schwaigern gewonnen ist.
Damit ist das junge Team aus Schwaigern Dritter und mit etwas Glück auch für die deutsche Ebene qualifiziert. Für so einen kleinen Verein ein ganz schöner Achtungserfolg.
Da wir diesmal nominelles Gastrecht hatten, nahm ich das dritte Brett, an welchem ich die schwarzen Steine führen durfte.
Tobias behandelte am zweiten Brett einen Tarrasch-Franzosen etwas eigenwillig und stieß sehr früh einen Bauern nach c4 vor. Hätte sein Gegner diesen einfach ignoriert und konsequent am Königsflügel gespielt, wäre er wohl besser gestanden, doch er knabberte ihn mit b3, b5, bxc, bxc an und hatte dann eine fatale Schwäche auf c3. Die beste Möglichkeit wäre nun wohl ein Figurenopfer für drei Bauern gewesen, doch wollte er lieber solide spielen, was Tobias erlaubte, einen Bauern einzuheimsen. Bei beiderseitig knapper Zeit hier der Schlußakkord:
Damit lagen wir 2:0 vorne und hatten selbst im schlimmsten Fall Berliner Gleichstand, also Losentscheid.
Enis kam gegen das Bebenhäuser Schwergewicht Rudi Bräuning gut aus der Eröffnung, deckte dann aber d2 mit dem Springer statt mit dem Turm und erlaubte das extrem fiese …d4-d3 mit einigen taktischen Problemen. Im entstehenden Endspiel hatte Rudi einen Vorteil, welchen er konsequent aber unter erheblichem Zeitaufwand ausbaute. Dies war der Kumulationspunkt:
Mit Enis‘ Remis war das Fianale für uns gewonnen.
Während diese drei Paarungen zwischen nominell ungefähr gleich starken Gegnern ausgefochten wurden, war Bebenhausen am letzten Brett klar favorisiert. Kim-Lucca behandelte einen Alapin-Sizilianer nicht optimal, schaffte es in der Zeitnotphase aber einen Bauern abzugreifen. Dafür stand sein König sehr gefährdet (Bauern auf f2, g3, h4; eigener Läufer am Damenflügel, gegnerischer auf d5). Er verteidigte sich aber geschickt mittels ständiger Damentauschdrohungen, und als das Remis an Eins vereinbart war, stellte sein Gegner dann auch die Gewinnversuche ein.
Damit haben wir uns mit viel Blut, Schweiß und Tränen nach vielen vergeblichen Anläufen zum meines Wissens ersten Mal in der Vereinsgeschichte den Württembergischen Mannschaftspokal erkämpft.
Bleibt zu hoffen, dass wir uns nun auf deutscher Ebene auch wacker schlagen.“
Jetzt endlich können wir die Sommerferien „genießen“. Wobei Genuss da eher zu kurz kommt bei dem tropischen Klima. Wozu eigentlich noch Urlaub in Spanien oder co. machen?
Jedenfalls haben wir dieses Jahr ein Paar Pokale gewonnen und können uns gut fühlen.
„Der Schachverband Württemberg wird über euer Schicksal entscheiden.“
„Wir sind der Schachverband Württemberg!!!“
(wir müssen nur noch die Oberliga gewinnen)
Danke für die Berichte und Gratulation zu den Pokalgewinnen!
Ich bin unterwegs und daher enginefrei, aber was sprach denn in Robins Partie gegen 26… Dxg4 ?
Hi Ramin,
gar nichts, das ist ja die tragische Komödie – Robin übersah …Dxg4 komplett, wonach es einfach Matt wäre.
Dies zeigte sich dann auch in kontinuierlichem Kopfschütteln seitens Robin, was uns den Eindruck vermittelte, er hätte verloren…glücklicherweise war dem nicht so.
Grüße,
Enis
Oha, ok…
Aber ganz unerklärlich ist das nicht: Zum Zeitpunkt des Opfers (bzw. in der Vorausberechnung) stand ja der weiße Läufer auf h3, sodass …Dxg4 nie eine Drohung war.
25… Lb3 ist auf jeden Fall wirklich hübsch! Damen werden ja sehr oft gegen Material geopfert; ein “komplettes“ Damenopfer sieht man selten 🙂