„Ihr seid die Nummer 1, ganz klar“
von Enis Zuferi am So., 27. April 2025 | KommentareMusik in meinen Ohren! Aber wer hat sowas gesagt? Und wieso? Lest hier mehr!
Zugegebenermaßen geben wir in den letzten Jahren „Imperium“-Vibes ab. Wir gewinnen so gut wie alles, haben in Nordwürttemberg fast alle starken Spieler abgegrast (mittlerweile kommen sie selbst aus anderen Bundesländern zu uns!) und laufen sogar in einheitlicher Kleidung überall rum. Rotes Shirt mit blonder Frau, welche eigentümlich blau gekleidet ist? Rennt weg, es sind die Heilbronner.
Wenn man uns als Bösewicht betrachten will, braucht es ja die Guten. Nun, uns als „böse“ zu bezeichnen, sollte als Symptom einer geistigen Umnachtung gelten, aber nehmen wir das mal an. Dann müssen ja die Guten die sein, welche uns irgendwie stoppen können. Und das kann dann nur der TSV Schönaich sein. Also noch einmal die Information an alle, die uns unsympathisch finden: ihr seid dann auf der Seite von Schönaich. Seid ihr euch sicher?!
Jedenfalls hat Schönaich uns immer wieder in die Suppe gespuckt. In der Saison 2023/24 gewannen sie eine entscheidende Begegnung in der 2. Bundesliga, was zum Abstieg der Ersten führte. Im Schnellschach und Blitz luchsten sie uns zwei Jahre in Folge beide Titel auf württembergischer Ebene ab. Gut, auf bundesdeutscher Ebene revanchierten wir uns grundsätzlich. Jedoch war es kein Ersatz für den Titel, welchen wir 2022 noch innehatten. Württembergischer Blitz-Mannschaftsmeister.
Die Meisterschaft wurde am 5. April 2025 in Sontheim an der Brenz ausgespielt. Und wir gingen als klare Favoriten an den Start. Denn bei der Ankunft bestätigte sich das, was mir ein Vögelchen schon Wochen zuvor zwitscherte. Schönaich würde die Meisterschaft „boykottieren“. Offizieller Grund: zu weit weg. So werden die Underdogs der heutigen Zeit benachteiligt. Nur gut, dass wir aus Heilbronn es näher hatten.
Das Turnier war top organisiert. Unter der gemeinsamen Leitung von Arno Reindl (Blitzreferent SVW) und dem Team des SK Sontheim/Brenz ging es zügig von der Bühne. Spielerisch war es eine Machtdemonstration, tatsächlich stachen dabei Tobias Peng (Brett 4) und ich (Brett 1) hervor. Sagen wir mal so: als einziger Spieler mit über 2400 Blitz-Elo war es fast unmöglich, hier Elo zu gewinnen und doch gelang es mir (23,5/27, ca. +15 Elo). Im ersten Turnierdrittel gewannen wir alle neun Kämpfe. Im Mittelteil bezwangen wir Bebenhausen und ließen nur einen Mannschaftspunkt gegen die TG Biberach liegen. Wobei das auch mir zu verdanken war. Beim Stand von 1:2 entfesselte ich Super Saiyajin 4 und drückte folgendes Turmendspiel (oder so ähnlich) zum Sieg gegen FM Bernhard Sinz:
Besonders motiviert war ich wegen Andreas Schulzes Kommentar nach der frühen Führung für Biberach: „wie seid ihr Tabellenführer?“ keine Ahnung, wie ist denn die Luft im Tabellenmittelfeld? Aus Gründen des Jugendschutzes gehen wir mal weiter.
Im finalen Drittel verloren wir tatsächlich eine Runde gegen die späteren Zweitplatzierten des SC Böblingen. Letztendlich war es egal. Wir hatten trotzdem drei Mannschaftspunkte Vorsprung und zeigten, dass wir die besten Blitzer waren. Also abgesehen von Schönaich, aber die waren ja nicht da, lol.
Auf den Seiten des Schachverbands Württemberg gibt es alle Paarungen, mehr Bilder und die ganze Tabelle.
Auf dem Parkplatz wurden wir dann mit den im Titel genannten Worten vom Böblinger Chef Mario Born verabschiedet. Wahrlich eine großartige Form der Anerkennung, wenn sie vom direkten Konkurrenten kommt. Ich ziehe meinen Hut vor diesem Auftreten, wohlwissend, dass es in 10-15 Jahren wieder ganz anders aussehen kann. Schließlich waren wir vor über 10 Jahren auch „im Dreck“ und keiner hat uns ernst genommen…allen, die so gut werden wollen wie wir, kann ich nur sagen: der Anfang ist das Schwierige an dem Ganzen!
Beim Blitz waren wir noch mit zwei anderen Teams da, aber diese rissen nichts und wurden von der „Ersten“ standesgemäß mit jeweils 4:0 besiegt. Daher gehen wir jetzt zur Meisterschaft, welche auch für die anderen Heilbronner Teams gut lief.
Eine Woche nach dem Blitzturnier ging es in Remshalden-Grunbach gleich doppelt zur Sache. Am Samstag, dem 12. April, wurde in Remshalden-Grunbach die Württembergische Schnellschachmeisterschaft der Mannschaften ausgespielt. Anders als beim Blitz gibt es dort keine Deutsche Meisterschaft (Blitz am 10. Mai in Bünde, NRW), jedoch hinderte dies uns nicht daran, nach etwas Hickhack mit vier Teams teilzunehmen. Zwei Erwachsenen- und zwei Kinderteams. Hier ist jedoch zu sagen, dass das zweite Erwachsenenteam nur nominell stark war, in der Realität musste es während des gesamten Turniers auf Thomas Tschlatscher verzichten, der 8 von 9 Runden bei der Ersten im Einsatz war.
Neben vier Heilbronner Teams war auch das gallische Dorf aus Schönaich wieder am Start, welches gerade so vier Spieler an die Bretter brachte, angeführt vom jugendlichen Eigengewächs IM Tobias Kölle. Ein weiteres Mal David gegen Goliath.
Der Beginn war holprig, aber erfolgreich für uns. Ich weiß nicht, mit Schnellschach werde ich einfach nicht warm. Daniil Dubov hat es mal treffend erklärt. Schnellschach ist weder 100% intuitiv noch ist genug Zeit, um mehrmals pro Partie länger nachzudenken. Da war ich froh, dass ich in der ersten Runde noch mit einem Remis gegen Frank Baur (SF Mengen) davon kam. Die zweite Runde gegen Spraitbach lief schon deutlich besser (da hatte Tobias Peng dann Glück) und schon ging es gegen Schönaich.
Blöderweise hatten wir Schwarz an Brett 1, sodass ich Tobias‘ Partie gedanklich abschrieb und er stand auch sehr schnell sehr schlecht gegen Tobias Kölle. Nun, es sah nach einem engen Kampf auf, wie man es von einer derart hochklassigen Begegnung erwarten würde. FM Christian Beyer und ich bekämpften uns in Strukturen, die älter als 100 Jahre waren, Ivan wurde von Jan Brunner in einem katalanischen Stellungstyp unter Druck gesetzt und Thomas machte…naja, Thomas-Dinge. So nach dem Motto „Enton setzt Verwirrung ein, es hat sich selbst verwirrt“. Glücklicherweise blieb der Ausgang an allen Brettern unklar, bis sich unsere Spielstärke durchsetzte. Thomas trickste Moritz Reck irgendwie aus und gewann im Endspiel, während ich irgendwann taktisch am Königsflügel durchbrach. So brauchten wir nur noch ein Remis an Brett 3. Wahrscheinlich vom Druck, gewinnen zu müssen, eingeschüchtert, stellte Brunner einen Läufer in Zeitnot ein und konnte nicht mehr gewinnen. Dann sorgte Ivan für das Highlight des Tages. Er schaffte es, nur auf fünf Sekunden Inkrement spielend, seinen Gegner fast perfekt mit Springer und Läufer mattzusetzen. Noch ein Hut, den ich ziehen muss.
Eigentlich wäre jetzt der Punkt gekommen, an dem ich schreiben würde: „Wir haben Schönaich besiegt. Alles andere war ein Zuckerschlecken. Diesen Titel gewannen wir sogar noch dominanter als den vom Blitz. Easy Peasy, bis zum nächsten Mal. Ciao Kakao“ aaaaaaaaaaaaber da hatten wir die Rechnung ohne den Wirt gemacht. In diesem Fall hieß der Wirt „Heilbronner SV 3“. Angeführt von Felix Hagenmeyer mauserten sich die Jugendlichen Colin Ensslinger, Richard Walter und Jannis Hagemmeyer zum drittbesten Team im gesamten Turnier. Vor allem Richard brillierte mit 8/9 am dritten Brett. Im Übrigen andere erwähnenswerte Spieler: Calvin Wolff (Brett 3, 6,5 aus 9) und Konstantinos Tselepidis (Brett 4, 7 aus 9) von der vierten Mannschaft.
Zurück zum internen Kampf. Vor der Begegnung traf ich einen aufgelösten Jannis draußen. Er war todtraurig darüber, dass er eine gute Eröffnung in den Sand setzte. Weil ich so ein netter Kerl bin, munterte ich ihn auf und er schöpfte neue Hoffnung, unterstützt von einem leckeren Stück Kuchen. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an die Ausrichter vom SC Grunbach, die alles genauso gut gemacht haben wie die Sontheimer in der Vorwoche.
Es schien jedoch, dass ich Jannis etwas zu sehr motiviert hatte. Er fegte Thomas Tschlatscher nur so vom Brett. An Brett 3 neutralisierte Richard Ivans Vorstöße. Simon Degenhard übernahm zwar die Initiative an Brett 2 gegen Colin, aber die Zeit wurde knapp. Und gerade als ich gegen Felix zwei Bauern gewinnen konnte, passierte es. Simon übersah ein Matt in 1. Frustriert über die Niederlage ließ ich ein Dauerschach im Damenendspiel zu, sodass ich nur noch die 1:3-Niederlage quittieren konnte. Was für ein Schock.
Nun, die anderen Anwesenden hatten ihren Spaß daran, aber ich wollte nicht glauben, dass wir schon wieder Zweiter werden würden – und dieses Mal nicht wegen Schönaich, sondern wegen uns selbst. Wegen meines erstklassigen Trainings. Also gut, wenn ich mir schon mein eigenes Grab schaufeln konnte, dann wäre ich doch sicher in der Lage, mich an meinen eigenen Haaren aus dem Sumpf zu ziehen? Vor der letzten Runde gingen wir mit einem halben Brettpunkt Rückstand auf Schönaich an die Bretter, um die TG Biberach (oh nein) zu besiegen. Gut für uns war, dass sie quasi mit einem B-Team antraten. Von den alten Haudegen war nur Holger Namyslo vertreten, welcher leider das Pech hatte, gegen einen Enis mit Blutdurst spielen zu müssen. Tobias spielte das Traxler-Gegengambit, was ja quasi widerlegt ist, aber irgendwie patzte der Gegner und wir führten 2:0. Als Ivan auf 3:0 erhöhte, schaute ich rüber zu Schönaich. Und gerade als ich da ankam, stellte Jan Brunner eine Figur ein. Das muss meine Imperator-Aura sein. Also musste Simon „nur noch“ nicht verlieren. Auch er lernte aus der Runde zuvor. Simon spielte sehr abgeklärt, ließ keine Chancen mehr zu und brachte seinen Materialvorteil nach Hause. 4:0. Wir hatten es geschafft.
Wie schon beim Blitz gibt es Tabellen und mehr Bilder beim SVW.
Damit waren wir offiziell die Nr. 1 im Blitz und Schnellschach. Auch im Langschach wurden wir es, denn am 13. April machte die zweite Mannschaft die Meisterschaft in der Oberliga Württemberg perfekt. Aber die schreiben sicher noch etwas dazu. Kein Weg führt an uns vorbei.
Kommentare:
Es war kein Boykott bei der Wü-Blitz. Deuer und Kölle waren auf Turnieren. Ich war in Ungarn, mein neues Haus renovieren; Brunner auch nicht verfügbar. Junesch hat den Verein verlassen. Es blieben Beyer, Reck plus ggf. 1900er, die freilich tatsächlich nicht gewohnt sind, für Schach so weit zu fahren.
Hallo Harald, so hat es aber euer MF kommuniziert, also, dass Schönaich die WMM-Blitz aufgrund des weit entfernten Ortes boykottiert. Bei einer Fahrtzeit von gerade mal 1h20min auch interessant. Dann viel Spaß auf die Fahrerei nach der Fusion... Auf andere vorgeschobenen Gründe gehe ich jetzt hier nicht ein. Stattdessen stimme ich Mario zu und gratuliere Heilbronn auch hier nochmal herzlich zum Triple . Starke Leistung!