All’s well that ends well

von am Mo., 14. April 2025 | Kommentare

Liebe, mittelalterliche Kriege, königliche Hofstaaten – wenn Shakespeare stattdessen die heutige Schachwelt gekannt hätte, dann hätte er sein Stück mit dem in der Überschrift genannten Titel über uns geschrieben und nicht über die am Satzanfang genannten Themen. Alas! Dann muss es ein Amateur wie ich tun, dessen bescheidene Eloquenz neben der eines William verblasst, wie es unsere roten Poloshirts im Sonnenlicht tun würden.

Nach dem Doppelsieg beim ersten Heimspiel-Wochenende waren wir alle erleichtert. Das Team, weil die Abstiegsgespenster endgültig im Keller des Westminster-Palasts eingesperrt wurden. Ein bekanntlich sehr sicherer Ort, an dem noch nie ein Terroranschlag geplant wurde. Theo, weil er mal wieder eine Partie gewann und das „typisch Theo“ in einem dynamischen Schlagabtausch. Und auch ich, weil ich in beiden Partien ungeschlagen blieb. Da fiel eine Last von den Schultern ab.

So spielten wir genau vier Wochen danach im Prinzip nur noch für die Galerie. Schwäbisch Hall war eh sicher – also sicher wieder in der Verbandsliga Nord, da sie sich aus der BW-Liga zurückziehen, herzlichen Glückwunsch – Baden-Baden III darf nicht aufsteigen (unsere Zweite kann ein Lied davon singen, nennen wir es „the Dirge of Ramin“) und Brombach hatte eh schon gegen Walldorf verloren. Nur ganz unten wurde es spannend, z.B. mit den direkten Duellen von Bebenhausen und Karlsruhe. Wem sollte man da die Daumen drücken?
Wieder am Bildungscampus spielend, profitierten wir von der tollen Organisation durch Ole Wartlick und dem Team „Facility Management“ der Hochschule Heilbronn. Da reichte mir die Zeit sogar noch, nach dem Aufbau bei der goldenen Möwe vorbeizuschauen, um mir einen köstlichen Bohnensaft einzuverleiben. Das erinnert mich an ein grässliches Lied aus meiner Schulzeit, welches wir öfter in der 5. Klasse im Musikunterricht gesungen hatten. Kein Kommentar zum Liedtext.

Wenig kontrovers begannen dafür die Partien. Relativ früh machte Simon gegen Daniel Schmitt Remis, wobei ich das (un)geschickt durch meine Unwissenheit einfädelte. Als Simon nicht so toll stand, fragte er mich, wie viel Elo sein Gegner denn haben würde. Mit größtem Selbstvertrauen antwortete ich „ja so 2200, der ist nicht schlecht“. Also machte Simon Remis, nur um festzustellen, dass es eher 2100 waren. Naja, immerhin musste er sich dann nicht so lange quälen. Auch Pascal musste wenig Schmerzen erleiden. Nach einer geglückten Vorbereitung spielte sein Gegner…sagen wir mal, komisch, sodass Pascal in einem damenlosen Mittelspiel mit beiden Türmen mehr oder weniger alles abräumen konnte. „Damenlose Mittelspiele“ sind hierbei nicht mit „Endspielen“ gleichzusetzen. Na, wer kommt drauf, was der Unterschied ist?
Philipp Wenninger quälte sich dafür lange, aber ohne Erfolg. Es war mal wieder ein Bauernraub auf b2, welcher bei Fabian und mir die Gesichtszüge entgleisen ließ, wie damals gegen Karlsruhe bei Simons Partie. Danach ging nicht viel bei Philipp, der gegen den gedeckten Freibauern auf c5 nur unendlich viel Material geben konnte. Diese Ansammlung an Masse sorgte für ein lokales schwarzes Loch, welches Philipps König gnadenlos verschlang. Und weg war der Hals.

Danach lief aber alles irgendwie für uns. Noah konnte aus einer Position der Stärke ein Remis gegen GM Schlosser erzielen. Theo fiel in alte destruktive Muster und stand lange Zeit -7. Aber irgendwie zogen die weißen Figuren in einem Endspiel mit Mehrqualität alle auf die erste Reihe. Als Theos König dann auf seinen Rössern in Richtung weiße Grundlinie zog, wollte Dennis Breder es nicht mehr sehen und machte Remis.

Ich bekam es mit Ketino Kachiani-Gersinska zu tun, welche bis dahin ungeschlagen war. Jedoch versprühte meine Gegnerin in der Eröffnung keine Aura der Unbesiegbarkeit, da sie schon früh nachdachte. Sich sichtlich unwohl fühlend, beging sie eine Todsünde, nur um Remis zu bieten:


Die Stellung ist natürlich ein Traum für Weiß und nach e3-e4 würde sich das Potenzial der weißen Figuren wie eine gespannte Feder entladen. …Tad8 wäre hier normal, um e3-e4 wegen des Drucks auf d4 indirekt zu verhindern. Stattdessen folgte …c5-c4?? (ja ich stehe zu diesem Doppelfragezeichen), was es mir erlaubte, e3-e4 ohne Gegenwehr durchzusetzen. Danach folgte ein Replay der Französischen Revolution, 1-0 für mich.
Auch Philipp Huber gewann im Königsangriff, wobei das eher weniger korrekt war, aber naja. Punkt ist Punkt! Das absolute Highlight des Kampfes war Fabians Sieg über GM Vadim Milov. Mit Schwarz überspielte er den höchstgewerteten Schweizer Spieler nach allen Regeln der Kunst. Das Ende dürft ihr gerne selbst herausfinden:


Schwarz am Zug setzt Matt. Wo nach der Partie viele Leute beeindruckt waren, sprach Fabian das aus, was ich mir manchmal während meiner Partien denke: „ey ich hab keine Ahnung, was ich da gemacht hab und ob das alles gut war“. Ja, so sieht es nämlich oft aus, von außen erscheint alles ganz einfach…diesen klaren Sieg gegen Baden-Baden (5,5-2,5) feierten wir ausgiebig im Ratskeller der Stadt Heilbronn. Falls ich bei der nächsten Jahreshauptversammlung wiedergewählt werde, werde ich beantragen, eine „Heilbronner SV“-Firmenkreditkarte zu kreieren. Immerhin würden wir dann Bonus-Flugmeilen bei unseren Eskapaden sammeln.

Mit dem Spiel gegen den SC Brombach ließen wir eine wechselhafte Saison ausklingen. Brombach ist ein Ortsteil von Lörrach, welches direkt an der Grenze zur Schweiz liegt. Ich schreibe das nur, weil ich mir der mangelnden Geographie-Kenntnisse der heutigen Gesellschaft bewusst bin. Wie dem auch sei, sollte es nicht verwunderlich sein, dass auch die Brombacher auf die wundersame Macht der Eidgenossen setzten. Besonders lustig war dabei meine Begegnung mit Moritz Collin. Wir spielten bereits beim Basel Christmas Festival (Ende Dezember 2024) und in der 1. Bundesliga SGM (Schweizerische Gruppenmeisterschaft) Anfang Februar gegeneinander. Leider hatte ich wieder Schwarz, was wegen des großen Theoriewissens meines Gegners unangenehm war. Ich machte es wie die Großmeister und spielte in einer Nebenvariante irgendwann den drittbesten Engine-Zug. Das reichte aus, damit es ein Duell auf Augenhöhe wurde. Daraus ein paar Momente:

Da Moritz gerade seinen Turm nach d1 gestellt hatte, wollte ich meine Dame wegziehen. Nur wohin? Was denkt ihr?

Wie hätte Weiß hier eine gute Stellung erreichen können?

Nach überstandenem Schreckmoment stand ich optisch besser: meine Bauernstruktur war zwar schlechter, aber mein König sicherer und ich drohte ganz konkret …Tc3. Weiß hat hier nur einen Zug, um die Balance zu wahren. Wer findet ihn?

Besonders amüsant fand ich, dass ich schon dem zweiten Gegner seine perfekte Saison vermiesen konnte. Wenn ich schon meine eigenen Träume nicht erfüllen kann, dann zerstöre ich wenigstens die Träume der anderen. Noch lustiger ist, dass Moritz Collins erste DWZ bei über 2500 liegt. Also er ist gut, aber nicht SO gut…
Abgesehen davon in Kurzform: Fabian überspielte auch den zweiten Großmeister total, aber er war sichtlich frustriert, dass Stojanovic starke Gegenwehr leistete. Die Frustration schlug sich in einem Remisschluss nieder. Noah dachte die ganze Partie über, dass er total schlecht stand. Und das nur, weil sein Gegner irgendeine mittelmäßige Vorbereitung blitzte. Aber Noah hielt die Stellung und machte wieder Remis. Theo kam dieses Mal nicht mit einem Schrecken davon, aber das war unsere einzige Niederlage. Alle anderen Spieler (die beiden Philipps, Simon und Pascal) gewannen ziemlich souverän, wobei die Gegner teilweise deutlich niedriger gewertet waren. Brombach hatte den Traum vom Aufstieg ohnehin begraben.

Ein knackiges 6-2 gegen einen „Aufstiegsfavoriten“ markierte das Ende dieser Saison. Walldorf steigt auf, von unten kommen der SV Hockenheim und die TG Biberach (juhu) hoch. Ein freudiges Wiedersehen wird es mit Böblingen (ernst gemeint) und Schönaich (ironisch) geben. Auf jeden Fall eine interessante Spielzeit, in welcher die erste Mannschaft „enttäuscht“ hat – da es überall sonst nur Meistertitel regnet. Die Zweite wurde Meister, die Dritte und Sechste liegen auf Kurs, während die Vierte und Fünfte immerhin auf Platz 3 in ihren jeweiligen Ligen liegen. Naja, wenn’s noch nicht gut ist, kann es noch nicht das Ende sein.

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