Taktik aus dem wahren Leben (89)

Das Thema dieser Serie ist die „Taktik des Alltags“, also taktische Situationen, mit denen wir Normalsterbliche in unseren Partien konfrontiert sind. Wer genügend Partien gespielt hat, weiß, dass brillante Opferangriffe leider die Ausnahme bilden; entscheidend ist viel häufiger, die kleinen Chancen, die sich links und rechts am Wegesrand auftun, zu erkennen und zu nutzen.

Alle Beispiele kommen aus dem „wahren Leben“, entstammen also meinen eigenen oder Heilbronner Partien. Manchmal kam die Kombination oder taktische Möglichkeit aufs Brett, manchmal wurde sie jedoch auch übersehen. Die Spanne reicht vom simplen kurzzügigen Bauerngewinn bis zu komplexeren Kombinationen, bei denen klassische Motive eventuell in versteckter oder „verfälschter“ Form auftreten können. Hin und wieder ist auch mal eine „Perle“ dabei, entweder in Form einer Kombination „für die Galerie“ oder als gehaltvolle Stellung mit vielen interessanten Motiven und Möglichkeiten, die naturgemäß zum großen Teil unter der Oberfläche bleiben und erst in der Analyse auftauchen.

Weiß hat seinen Gegner überspielt und kann nun nach Wegen suchen, seinen Stellungs- in einen Materialvorteil umzuwandeln. Werdet ihr fündig?


Lösung


Kommentare

Taktik aus dem wahren Leben (89) — 2 Kommentare

  1. Noch so eine trickreiche Nuß. In einer Partie würde ich wahrscheinlich keine Bedenkzeit verschwenden sondern mit der sicheren Fortsetzung 1.f3 darauf setzten, dass Schwarz in seiner schlechten Stellung noch weitere schlechten Züge finden wird. In der entspannten Situation eines Kommentarschreibers kann ich etwas tiefer reinschauen: 1.Dxa7 sieht vielversprechend aus, weil es direkt Drohungen gegen f7 und e6 aufstellt. Als beste Verteidigung erscheint mir 1. … De7, was beides pariert. Nun läuft 2.Tc6 mit der Drohung Txd6 nebst Se8+ und Dxf7+ in 2. … Ta8 3.Dxb6 Thb8 mit Damenfang. Weiß bekommt zwei Türme und zwei Freibauern dafür, trotzdem will ich mich darauf nur einlassen, falls ich nichts besseres finde. 2.Sc6 ist interessant: nach Dxc7 3.Dxc7 Lxc7 4.Sxb8 Lxb8 5.Tc8 Txc8 (ich sehe keine bessere Alternative.) 6.Txc8 Ld6 (Sd7 7.Td8) 7.Tc6 und Weiß erobert den b6, wonach sich die beiden schwarzen Leichtfiguren sehr schwer tun werden, die verbunden Freibauern aufzuhalten, aber auch kein nennenswertes Gegenspiel am Königsflügel inszeniert kriegen. Auch bei gründlicher Überprüfung finde ich kein Loch. Allerdings bringt mich diese Variante auf eine andere Idee: 1.Sc6 Dxc7 2.Sxb8 Dxb8 3.Tc8 scheinbar mit Damenfang, aber: … Txc8 4.Txc8 Lh2+ 5.Kh1 Dd6 und Weiß hat seinen Vorteil weggeworfen.

    • Die Falle 1. Sc6? sollte man als Weißer definitiv vermeiden.

      Dein Vorschlag 1. f3 ist dann wohl ein typischer Quälzug: Weiß behält seine Vorteile und Schwarz muss erstmal einen guten Zug finden. Saygun hat sich damals aber für’s Rechnen und Kombinieren entschieden 🙂

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