Höhenflug der zweiten Mannschaft in Böblingen

Daniel Schäfer berichtet von unserem unerwarteten Auswärtssieg in Böblingen:

Das Ende der Spielsaison 2021/2022 naht. Unser chronologisch betrachtet vorletztes Spiel gegen Böblingen 2 stand an. Unsere Erwartungen für das Spiel waren nicht besonders hoch, denn Böblingen ist neben Schwäbisch Hall ein Aufstiegskandidat. In den Kalkulationen um den Klassenerhalt gingen keine möglichen Mannschaftspunkte gegen sie ein. Stattdessen riet man uns einfach, „möglichst viele Brettpunkte zu ergattern“. Immerhin konnten wir eine vergleichsweise starke Aufstellung an den Tag bringen, sodass kein Ersatz aus der 3. Mannschaft nötig war.

Kaum aber hat das Mannschaftsspiel begonnen, stand bereits die erste Überraschung an: Severins Gegner ist nicht erschienen. Das war uns vor der Runde noch nicht bewusst. Somit hat Severin stillschweigend sich mit Gestik verabschiedet und ein kampfloser Sieg wurde uns damit bereits eingetragen. Ansonsten war Böblingen aber in ihrer üblichen Stärke angetreten.
Robin brachte seinen Gegner gleich in den ersten Zügen in Verlegenheit, indem Robin gegen sein Holländisch eine Anti-Variante mit 2. Sc3 spielte, sodass er bereits im 11. Zug einen Bauern in besserer Stellung gewinnen konnte. Der Gegner versuchte, sich aus der schlechteren Stellung zu befreien, aber Robin wickelte gut in eine Stellung ab, die einseitig und hoffnungslos für Schwarz war, was unserer Mannschaft letztlich einen ganzen Punkt einbrachte.

Auch Ramins Gegner stand früh sehr schlecht. Als Ramin die Wiener Partie anging, wusste sein Gegner bereits im 6. Zug nicht mehr richtig fortzusetzen und verlor aufgrund des darauffolgenden starken Königsangriffs zu viel Material, sodass er im Endspiel dann doch zu viele Bauern auf Ramins Seite verteidigen musste und in der Folge verlor.

Sowohl Jürgens als auch Adams Gegner (die beiden Schuhs) spielten mit Weiß mit einem Doppelfianchetto und verzögertem d4 eher eine ruhige und positionelle Partie.

Marcel spielte lieber gleich Damengambit, wehrte sich beim Nimzo-Indisch-Versuch des Gegners gegen einen Doppelbauern auf c3 und rochierte interessanterweise lieber lang, um am Königsflügel Druck auszuüben.

Mein Gegner spielte ein Katalanisch mit stark verzögertem c4, den ich aber trotzdem herausnahm, um ihn dann zu guten Bedingungen wieder herzugeben.

Die einzige Partie, in der man 1. e4 sehen konnte, war die von Kim-Luca. Kim-Luca selbst spielte dann sein bereits öfter gespieltes Skandinavisch mit direktem Zurückschlagen auf d5 was ihn wegen der schlechten Stellungsbehandlung des Gegners eine bessere Stellung verschaffte.

Marcels Gegner wusste nicht, wie er auf Marcels lange Rochade richtig reagieren soll und geriet am Königsflügel nach eher passiven Verteidigungszügen unter Druck. Doch Marcel selbst fiel keine gute Fortsetzung mehr ein und nahm dann doch lieber das Remisangebot des Gegners an.

Nun stand es bereits 3,5:0,5 für uns und es würde nicht mehr viel zu 1 oder 2 Mannschaftspunkten fehlen!

Adams Gegner errang leider angenehmen Raumvorteil bat aber sehr schnell die Gelegenheit an, am Königsflügel mit f5 zu expandieren. Dies wollte der Gegner sich nicht gefallen lassen und hebelte mit g4 an, was seinen König schwächte. Adam erhielt damit eine großartige Gelegenheit, seinem Gegner taktisch eine auszuwischen, die er aber verpasste und damit nach vielen weiteren Zügen in ein Schwerfigurenendspiel mündete in welchem sich beide Spieler auf ein Remis einigten.

Ein Mannschaftspunkt war uns also sicher, aber im gleichen Moment sah es sehr wahrscheinlich danach aus, als würden wir gleich beide mitnehmen!

Einen kleinen Dämpfer aber erhielten wir nach Jürgens Partie. Sein Gegner hatte seinen bestehenden positionellen Vorteil immer weiter wie ein Schneeball vergrößert bis er schließlich nach Jürgens Königswanderung in die Mitte (was objektiv in Ordnung war, aber genaues Spiel forderte) und nach Aufgabe eines wichtigen Feldes (c5) den Vorteil in einen Sieg wandeln konnte.

Kim-Luca hingegen war während dem Mittelspiel bis hinein ins Endspiel am Drücker, versuchte am Sieg zu feilen und erhielt auch eine vielversprechende Stellung. Der Gegner erhielt zwar einmal die Gelegenheit, in ein ausgeglichenes Turmendspiel abzuwickeln, nutzte sie aber nicht und wählte stattdessen ein schlechtes Läufer-gegen-Springer-Endspiel. Auch die Leichtfiguren wurden abgetauscht. Und wer denkt, Bauernendspiele wären das leichteste, was das Schachspiel zu bieten hat, wird sich sicher früher oder später in einer praktischen Partie noch täuschen! Kim-Luca erhielt tatsächlich im eigentlich ausgeglichenem Bauernendspiel nach einem Fehler des Gegners noch die Chance zum Sieg, doch nach einem Bauernschach entschied er sich leider für das falsche Feld und die Partie endete dann doch Remis.

Damit war uns eine kleine Sensation gelungen, mit der keiner gerechnet hatte! Nur ich allein durfte mich darauf noch nicht ausgiebig freuen, denn ich selbst musste noch um das Remis in meiner Partie in einem Springerendspiel mit 5 gegen 4 Bauern am Königsflügel kämpfen. Die Partie zog sich damit ziemlich in die Länge (Entschuldigung an alle, die noch etwas an dem Tag vor hatten…) Nach guten und ernsthaften Gewinnversuchen des Gegners und meiner doch relativ zähen Verteidigung hatte mein Gegner es sich schwer getan, den Sieg herauszuarbeiten bis ihn plötzlich der Schlag traf, als ich durch eine kleine taktische Abwicklung ein endgültig remises Bauernendspiel herbeiführte und damit das Ergebnis nicht so knapp wirken ließ (bzw. klarmachte, dass der Sieg nicht nur Severins kampflosen Punkt zu verdanken war).

Nach diesem starken Auftritt unserer Mannschaft können wir nun mit relativ großer Sicherheit mit unseren Sorgen um den Klassenerhalt abschließen. Die letzte Runde geht gegen einen Abstiegskandidaten Feuerbach. Hoffentlich stürzen wir nicht wieder nach dem Höhenflug in Böblingen ab, sondern nehmen diesen Aufschwung gegen Feuerbach mit ans Brett.


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