Everybody has a plan until they get punched in the face

Triggerwarnung: langer Text, plumpe Sprüche, Selbstbeweihräucherung, unheimlich präzises Spiel wie eine Engine (bitte keine Centipawn-Loss-Analyse machen, sonst findet ihr heraus, dass ich ein Cheater bin).

So spielt das Leben. Der SVW hatte seinen Saisonplan gut durchdacht, in der Oberliga war bei der Saisonplanung im Sommer 2021 ein extra Termin für potenzielle Nachholspiele eingeplant worden. Die meisten von uns waren motiviert, fasziniert und vakziniert. Wer konnte uns noch stoppen?

Da wäre einerseits das griechische Alphabet. Immerhin sind wir mittlerweile bei „Omikron“ gelandet. Wird „Pi“ übersprungen werden, weil eine potenzielle neue Virusvariante mit der allseits beliebten Kreiszahl verwechselt werden könnte? Viele Buchstaben bleiben ja nicht mehr, da hat das Virus wohl mehr geleistet als jeder Griechisch-Sprachkurs geschafft hätte.
Andererseits darf man nie die eigene Unfähigkeit unterschätzen. Der Jahreswechsel war mit zwei wegweisenden Spielen gespickt. Da wären der Gastauftritt bei Stuttgarter SF 2 (19. Dezember) und das Heimspiel gegen TSV Schönaich 2 (09. Januar) zu nennen.

Bei beiden Spielen rechnete ich persönlich mit Siegen, aber aufgrund der volatilen gesellschaftlichen Situation blieben beide Teams für mich Wundertüten. Vor allem Schönaich 2 war in anderen Saisons mit wechselhaften Aufstellungen aufgefallen.

Das Auswärtsspiel begann so wie das erste Auswärtsspiel in Schwäbisch Gmünd. Nach einer gut durchdachten Planung teilt mir die Hälfte der Mannschaft 1-2 Tage vor dem Spiel mit: „ich fahre direkt“. Okay. Klimaschutz anyone? Eine Stunde maskiert im Auto zu sitzen ist wohl ein Problem, vier Stunden unmaskiert am Schachbrett wohl nicht…eine gewisse Person meldete sich gar nicht. Also rief ich sie kurz vor zehn auf dem Handy an. „Ich hab die Ausfahrt verpasst, ich komme erst um 10:20 Uhr“. Hmm, wenn es doch nur eine Möglichkeit gegeben hätte, welche das rechtzeitige Ankommen gesichert hätte? Aber kein Problem, die Person würde sicher innerhalb der Karenzzeit ankommen. Um 10:27 Uhr sah ich Thilos niedlichen Nissan durch die Straßen düsen. Er war auf der Suche nach einem Parkplatz, was sich mitten in Stuttgart als sehr schwer gestaltet. Falls wir anfangen sollten, Mannschaftsspiele zu verlieren, sollten wir einfach alle Parkplätze in der Umgebung unseres Spiellokals absperren.

Schlussendlich waren wir zu siebt, denn DIE PERSON gab eine falsche Adresse in ihr Navigationssystem ein und landete nicht beim Spiellokal, sondern beim Wohnhaus des gegnerischen Mannschaftsführers Josef Gabriel. Damit stand es 0-1 aus unserer Sicht. Wer braucht schon Pläne?

Kim-Luca schien sie zu brauchen, denn er vermischte gefühlt fünf verschiedene Systeme im Abtausch-Spanier und landete in einem merkwürdigen Doppelturmendspiel. Sein Gegner (Johannes Leitherer) schien mit verbundenen e- und f-Bauern durchzubrechen. Als die Niederlage kurz bevorstand, begab sich Kim-Lucas König auf eine mutige Reise. Der Gegner kam mit der plötzlichen Aktivität nicht klar und plötzlich endete die Partie im Remis. Ach ja, Kim-Lucas Plan war, gegen 13 Uhr wieder zuhause zu sein, aber er war als Letzter fertig, um ca. 15:20 Uhr. Traurige Welt.

Robins Plan war mal wieder lang zu rochieren, dieses Mal mit Weiß gegen ein Damenflügel-Fianchetto. Pavel Aksenov wusste nicht so recht, wann er angreifen, verteidigen oder Material nehmen sollte. Also passierte alles irgendwann, aber laut Robin alles zum falschen Zeitpunkt. In dieser Partie klappte eine Königswanderung nicht so gut und Robin gewann auch seinen dritten Einsatz in der Ersten.

Dass das Zentrum die vier wichtigsten Felder auf dem Schachbrett beinhaltet, weiß jeder Anfänger. Zumindest ein Anfänger, welcher gut trainiert wird, z.B. in unserem Jugendtraining. Richard verpasste dieser Weisheit eine persönliche Note. Unter Qualitätsopfer bildete er ein Bauernquadrat auf e5, e4, d5 und d4. Das war durchaus majestätisch anzusehen. Heinz Gerstenberger wollte sich durch ein Konter-Qualitätsopfer in ein Remis retten, aber Endspiele mit ungleichfarbigen Läufern sind nicht so einfach remis, wie der Volksmund es sagt…Richards erster Saisonsieg war perfekt.

An Brett 5 saß Josef Gabriel alleine rum, tut mir sehr leid.

Niko bekam es mit Dieter Migl zu tun, welcher die Zweispringer-Variante im Caro-Kann nutzen wollte, um Druck auszuüben. Das gelang teilweise, aber Niko fand sein wahres Wesen, tauschte Damen und machte Remis in einem Endspiel mit symmetrischer Bauernstruktur, wobei das weiße Läuferpaar potenziell hätte schädlich sein können.

Zum dritten Mal durfte ich gegen Robert Gabriel spielen. In beiden Partien gewann die Person, welche die weißen Steine führte.


Nach einer geglückten Eröffnung (danke Vorbereitung) war ich aus irgendeinem Grund mental abgelenkt. Irgendetwas hatte mich gestört…also blitzte ich den schrecklichen Zug 19. e5?? raus. Ich würde gerne in die Zeit zurückgehen und meinem früheren Ich eine Ohrfeige dafür verpassen. Naja. Schwarz übernahm die Initiative, aber mit ein wenig Glück konnte ich ausgleichen, bis ich tatsächlich einen Sieg geschenkt bekam.


Robert Gabriel spielte 32…Txc5?? 33. dxc5 Dc7 und sah nach 34. Td6! aus wie ein Schüler, dessen Pausenbrot man in die Toilette geworfen hatte. Der Rest war einfach für mich.

An Brett 2 schien Thilo gegen Lothar Schwarzburger mehr daran zu denken, was mit seinem geliebten Nissan passieren würde, welcher im Parkverbot stand. Jedoch schien Weiß auch nicht sehr viel zu wollen und die Partie endete remis.

Philipp setzte Rolf Fritsch 20 gute Züge vor und gewann schnell auf Zeit.
Insgesamt 5,5-2,5 für uns, wobei wir einen Punkt ja kampflos abgegeben hatten.

09. Januar 2022

Umso überraschter war ich, als Gerhard Lorscheid implizit zugab, dass sie am geplanten Termin gegen uns antreten würden. So schwach konnten sie ja dann nicht antreten. An 1 hatten sie irgendeinen Typen namens Tobias Kölle, keine Ahnung, ob der gut ist und an 2 den DEUTSCHEN MEISTER U18 2021, DEN UNGLAUBLICHEN NILS RICHTER. Alle Augen waren daher auf Brett 3 gerichtet, wo ich es mit Gerhard Lorscheid zu tun hatte. Da fing bereits unsere Dominanz nach Elo an, nur an Brett 8 hatte Schönaich mit Can Kilinc einen Spieler aufgestellt, welcher höher als unser Severin Bühler gewertet war. Aber wir müssen der Jugend auch eine Chance geben, nicht?

Philipp spielte eine scharfe Eröffnung und plante ein Figurenopfer von langer Hand. Dieses ging theoretisch, jedoch verwechselte er leider die Züge und Weiß konnte sich genau verteidigen. Noch schlimmer war, dass Tobias Kölle einen furchtbaren Gegenangriff startete und nach Philipps Fehler schnell gewann. Mal wieder 0-1.

An Brett 8 wurde der Offene Spanier misshandelt. Severin schien mit Remis zufrieden zu sein, wobei mir nach seinen Anmerkungen auch nicht klar war, wo der Vorteil versteckt war. Vielleicht war Remis ein akzeptables Ergebnis, 0,5-1,5.


In dieser Stellung spielte Marcus Kübler 18. Lf1?? und Thomas Tschlatscher antwortete ohne nachzudenken (das hatte er wohl davor erledigt) Sxe4. Die Partie ging dann auch nicht mehr lange, auch wenn Thomas nicht sein gewünschtes Ende mit Damenopfer erhielt. Erster Sieg in dieser Saison für Thomas! 1,5-1,5.

Niko bekam irgendein symmetrisches Englisch vorgesetzt, in welchem Florian Schnadt mit …d7-d5 die Symmetrie zuerst brach. Da sollte man normalerweise nehmen, aber ich zitiere Niko: „ich will meinen Gegner in irgendetwas baiten“. Baiten = ködern (von engl. bait), verarschen. Das klappte tatsächlich auch. Die Spannung im Zentrum blieb so lange, bis Niko auf d5 tauschen konnte. Danach spielte er Lf4 mit Tempo, denn Schwarz hatte seinen Turm nach b8 gezogen. Nach dem Rückzug des Turms folgte Sf3-e5 mit Abzug des Läufers g2 auf die schwarze Dame, schlussendlich noch ein Abtausch Se5xc6 und diese schreckliche Bauernstruktur mit isolierten Doppelbauern auf der halboffenen c-Linie war nicht haltbar für Schwar. 2,5-1,5.

Von der ISS kommend befand sich Ramin auf dem Boden der Tatsachen, als York Glienke ihn mit dem Jobava-Angriff überraschte. Immerhin hielt Ramin den Ausgang der Partie so lange offen, bis auch wegen beginnender Zeitknappheit mehr Fehler möglich waren. Als angehender Doktor hat Ramin auch für den kleinsten Fehler ein Auge (besser ist es, sonst kollidieren irgendwann 1000 Satelliten und stürzen die Erde in ein dunkles Zeitalter oder so) und gewann die Partie. 3,5-1,5.

Richard wählte mit der Abtauschvariante im Caro-Kann eine scheinbar ruhige Variante, plötzlich sah sich Nils Stukenbrok (wie spricht man den Namen aus?) mit einem aggressiven f4-f5-Vorstoß konfrontiert. Ich hätte den Bauern wohl geopfert, um die schwarze Rochade zu verhindern, aber ich bin ja nur FM. Richard wählte eine ruhige Spielweise, setzte den schwarzen Königsflügel auch mit seinem h-Bauern unter Druck und gewann im Endspiel nach Materialgewinn. 4,5-1,5.

Ich lasse einfach meine Partie sprechen.

Thilo hatte natürlich keine Chance gegen den Deutschen Meister. Zu allem Überfluss hatte sich Nils auch noch mit Varianten vorbereitet, welche ich ihm in der Woche zuvor besorgt hatte. Ein guter Captain bin ich doch! 5,5-2,5 gewonnen, aber dieses Mal zu acht, wir schwächeln. Zudem müssten wir noch einmal 8-0 gewinnen, um unsere Dominanz zu unterstreichen.


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