Taktik aus dem wahren Leben (33)

Das Thema dieser Serie ist die „Taktik des Alltags“, also taktische Situationen, mit denen wir Normalsterbliche in unseren Partien konfrontiert sind. Wer genügend Partien gespielt hat, weiß, dass brillante Opferangriffe leider die Ausnahme bilden; entscheidend ist viel häufiger, die kleinen Chancen, die sich links und rechts am Wegesrand auftun, zu erkennen und zu nutzen.

Alle Beispiele kommen aus dem „wahren Leben“, entstammen also meinen eigenen oder Heilbronner Partien. Manchmal kam die Kombination oder taktische Möglichkeit aufs Brett, manchmal wurde sie jedoch auch übersehen. Die Spanne reicht vom simplen kurzzügigen Bauerngewinn bis zu komplexeren Kombinationen, bei denen klassische Motive eventuell in versteckter oder „verfälschter“ Form auftreten können. Hin und wieder ist auch mal eine „Perle“ dabei, entweder in Form einer Kombination „für die Galerie“ oder als gehaltvolle Stellung mit vielen interessanten Motiven und Möglichkeiten, die naturgemäß zum großen Teil unter der Oberfläche bleiben und erst in der Analyse auftauchen.

Heute ist wieder Tag des Gambits bzw. der ewigen Frage „Bauer oder Tempi?“. Weiß setzt auf seinen Entwicklungsvorsprung, Schwarz auf seinen Mehrbauern und die noch relativ geschlossene Stellung. In der Partie ging es nun mit 8. d5 exd5 9. Lxd5 Sf6 weiter. Was meint ihr dazu?

Lösung


Kommentare

Taktik aus dem wahren Leben (33) — 5 Kommentare

  1. Das müsste die Partie Peng – Heerd gewesen sein. Schwarz hätte das Figurenopfer annehmen können; nach 10.Dxd5 Sc5 11.Dxa8 Lb7 12.Dxa7 Sc6 findet das verirrte Schaf nicht mehr zurück zur Herde.

  2. Ja, Peng – Heerd war auch meine erste Idee. Nett von Ramin, es als „Gambit“ zu betiteln, ich glaub der Bauer auf e4 war einfach eingestellt. Tobi kann uns da sicherlich aufklären 😉

    Ein Farajowitz-Spieler hätte das Damenfang-Manöver sicher gleich gesehen, da gibt es auch Stellungen, in denen der Springer von e4 nach c5 überführt wird und dann das Turmopfer auf a8 ermöglicht, da Lb7 nebst Sc6 das verirrte Schaf abholt.

    So ist z.B. 1. d4 Sf6 2. c4 e5 3. dxe5 Se4 4. Sf3 b6 5. Dd5 Lb7 in Blitz und Schnellschach durchaus spielbar für Schwarz, auch wenn hier nicht der Turm geopfert wird, sondern der Fianchettoläufer.

    • Interessante Fajarowicz-Variante! Ich habe eine Weile gebraucht, um sie zu verstehen: 6. Dxb7 Sc6 7. Da6 und jetzt würde 7… Sc5 8. Db5? a6 die Dame fangen, aber nach 8. Da3 scheint die Dame rauszukommen (8… Sd3+? 9. Dxd3). Also 7… Lb4+ 8. Ld2 und jetzt 8… Sc5 9. Db5 Lxd2+! (9… a6 10. Dxb4 und Weiß bekommt drei Figuren für die Dame) 10. Sxd2 a6. Oder hab ich was übersehen?

  3. Ganz genau.

    Tatsächlich ist 7. Da6?? also schon der Verlustzug, Weiß muss seine Dame mittels 7. Sd4! freikaufen, sollte dann in der Folge aber ganz gut rauskommen.

    Oder aber sich gar nicht auf das ganze Wild-West-Schach einlassen und 4. …b6 kühl mit 5. g3 beantworten.

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