Heilbronner im Blitzfieber / Philipp Huber holt ersten Titel

Das lange Himmelfahrtswochenende stand für den HSchV ganz im Zeichen des online-Blitzens auf Lichess. Über die eigens konfigurierte Seite der Schachfreunde Kelheim wurden gleich zwei Turniere durchgeführt, und das mit bemerkenswert reibungslosem Ablauf, wofür Schachfreunde aus ganz Deutschland und vielleicht schon bald aus aller Welt sehr dankbar sein können, ermöglicht die Kelheimer Seite doch das Spielen von Rundensystem und Mannschaftsturnieren. Genau das richtige also nach der langen Schach-Abstinenz!

Das erste Turnier am Donnerstag richteten wir selbst aus, die „Erste Heilbronner online-Blitz-Vereinsmeisterschaft“ im Modus 3 Minuten + 2 Sekunden Inkrement. Nach dem Erfolg der ersten online-Vereinsmeisterschaft im Schnellschach im vergangenen Herbst wurde auch dieses Mal wieder ein ordentlicher Preisfonds in sämtlichen Kategorien ausgelobt. Zwar hätte die Beteiligung (15 Teilnehmer) durchaus etwas höher ausfallen können, doch war das Feld dermaßen stark besetzt, dass man seinen Einsatz vor Turnierbeginn ohne Weiteres auf gleich sieben Spieler hätte verwetten können (und diese solten am Ende auch die ersten sieben Plätze belegen).

Das Rundensystem brachte gleich ab Runde 1 spannende Partien der Titelfavoriten untereinander. Dabei konnten sich Petr Timagin und Tobias Peng in den ersten drei Runden schadlos halten, Philipp Huber behielt sogar bis Runde 4 seine weiße Weste und Simon Degenhard startete gar mit 5 aus 5 furios ins Turnier, rang dabei unter anderem seine Mitkonkurrenten Niko Pogan und Enis Zuferi nieder.

Seinen Lauf beendete dann aber Tobias Schmidt, der sich damit kurzzeitig wieder im Kampf um Platz 1 zurückmeldete, dann aber zur tragischen Figur wurde, als er in Runde 9 gegen Philipp zunächst seine hart erarbeitete Gewinnstellung verdarb und dann auch noch Opfer eines ‚mouseslip‘ wurde (böse Zungen würden nun behaupten, dass einem dies an einem echten Schachbrett nicht passieren könne, aber da ist uns ja auch der ein oder andere ‚Fingerfehler‘ in Erinnerung).

Auch Niko entwickelte nach einem ordentlichen Kaltstart mit zwei Niederlagen einen Lauf mit Siegen gegen Petr und Philipp; dieser wurde dann zwar nur einmal kurz durch eine Niederlage gegen Tobias Peng durchbrochen, aber das reichte schon, um Niko aus dem Titelrennen zu werfen. Auch Simon hatte seine Form nicht für die zweite Halbzeit des Turniers konservieren können; Enis hatte schon zu früh eine lange Rochade (0-0-0) hingelegt, als dass er nochmal entscheidend hätte eingreifen können.

Ganz oben zog inzwischen Tobias Peng einsam seine Kreise, der nach dem misshandelten gleichfarbigen Läuferendspiel inklusive Mehrbauer gegen mich in Runde 4 (die Partie endete Remis, aber ich hätte wohl mit einer Zugzwangfolge gewinnen können) alles vernichtete, was sich ihm in den Weg stellte, wobei er gleichzeitig noch seine eigenen Partien auf unserem Twitch-Kanal kommentierte! Doch auch Philipp und Petr waren nach 11 Runden mit nur zwei abgegebenen Punkten noch im Rennen um den Turniersieg.

Dann kam es zum Aufeinandertreffen der beiden, in dem Philipp einen fürchterlichen Angriff auf Petrs lang rochierten König entfesselte und den weißen Monarchen mitten auf dem Brett mattsetzte. Doch es kam noch besser für ihn: Dank einer Runde spielfrei konnte Philipp genüsslich dabei zusehen, wie Petr mit Schwarz Tobias Peng in der nach Enis‘ Urteil „schönsten Partie des Turniers“ (auch dafür gibt es einen kleinen Geldpreis) mit einem hochklassigen Qualitätsopfer bezwang, wodurch Tobias‘ Vorsprung auf nur noch einen halben Zähler zusammenschmolz. Damit hatte Philipp es in der eigenen Hand, Tobias den Titel auf der Zielgeraden doch noch zu entreißen.

Und als hätte das Rundensystem es uns gegönnt, dass die entscheidenden Duelle zum Ende hin gespielt werden sollten, kam es in der Vorschlussrunde zum Aufeinandertreffen zwischen Philipp und Tobias. Dabei verpasste es letzterer, die Initiative mit Dxb2 an sich zu reißen und suchte sein Glück in der Verteidigung, womöglich etwas gelähmt von dem Gedanken, dass eine Punkteteilung zum Turniersieg reichen würde. Und so kam es, wie es kommen musste, und von Tobias selbst in seinem Stream vorausgesagt worden war: Er verlor die Partie ohne eine Chance auf Gegenspiel und verspielte damit (wohl schon zum zweiten Mal in seinem Leben) seinen komfortablen 1,5-Punkte-Vorsprung, den er gerade noch gehabt hatte.

Doch noch nicht ganz, denn Philipp musste schlussendlich noch Kay Hornig bezwingen, der in blendender Verfassung war und schon Richard Dudek und mir einen ganzen Punkt abgerungen hatte. Tobias hingegen bekam tatsächlich erst jetzt seine spielfreie Runde und musste schmerzlich mit ansehen (und kommentieren), wie Philipp keine Zweifel mehr an seinem ersten Turniersieg in Heilbronner Diensten aufkommen ließ!

Ihm (12/14) und natürlich auch dem schwer enttäuschten Tobias Peng auf Platz 2 (11,5/14), gefolgt von Petr Timagin (11/14), Niko Pogan (10/14) und Simon Degenhard (10/14) gilt unser Glückwünsch, sie alle dürfen sich über ein schönes Preisgeld freuen.

Die Studentenpreise gingen an Tobias Schmidt (10/14) und Patrick Wenninger (6,5/14), der Preis für die besten Senioren an Richard Dudek (5/14) und Kay Hornig (4/14), die Preise in der Altersklasse U20 an Daniel Schäfer (3,5/14) und Lukas Dietzel (2/14) und in der Altersklasse U14 an Calvin Wolff (2/14).

Leer aus gingen damit nur Enis, Kim-Luca und ich, aber das ist gerade ganz praktisch, dann muss ich hier nicht angeben, wie weit wir punktetechnisch unseren eigenen Erwartungen hinterherhinkten.

Kreuztabelle
Fortschrittstabelle
Einzelergebnisse (mit Turnierperformance und Direktlinks zu den Partien)
Setzliste (nach DWZ)

Das Turnier am Samstag hingegen wurde vom SVW organisiert. Nach dem Debakel der „Württembergischen online-Blitz-Mannschaftsmeisterschaft“ auf Chessbase vor einigen Wochen (Abbruch nach Runde 2) folgte nun die Neuauflage über Lichess in Verbindung mit dem Kelheim-Server.

Wir traten mit zwei Mannschaften an: Die erste, bestehend aus Tobias Schmidt, Philipp Huber, Tobias Peng, Petr Timagin und Enis Zuferi als „non-playing captain“ war an 4 gesetzt und sollte natürlich den Titel holen, wussten wir doch spätestens seit Donnerstag, dass wir hier ein paar richtige Blitzmaschinen am Start hatten.

Für die Zweite, mit mir, Severin Bühler, Levent Balkan und Utz Kammerer an Platz 30 der Setzliste, gab ich mal optimistisch das Ziel „Top 20“ aus, aber das war wohl zu hoch gegriffen. Im Endeffekt wussten wir nur in wenigen der 11 Runden geschlossen zu überzeugen. Ein paar Glanzlichter gab es trotzdem, so z.B. Levents hübsches Läuferpaarmatt nach vorausgegangenem Damenverlust (der sogar ein teuflisches Damenopfer hätte werden können, wäre Levent im 20. Zug mit dem König nicht nach c2, sondern nach e2 ausgewichen), die von Utz sehr schön geführte Partie gegen einen 2000er (Lichess-Rating), die den einzigen Makel hatte, dass sie statt in einem Bauernmatt leider nur in einem Dauerschach endete, sowie Severins Sieg gegen den auf Lichess 2500 Ratingpunkte schweren Arno Reindl und mein Sieg gegen den ebenso hoch dotierten Kornel Maj, wobei uns beide Siege zugegebenermaßen sehr einfach gemacht wurden.

Aber es ging auch andersherum: So verlor ich trotz ansteigender Formkurve mit zwischenzeitlich 6,5 aus 9 in der Vorschlussrunde mein Evans-Gambit klar und deutlich gegen einen Jungspunt namens Neil Tobias Albrecht, der für die U12 (?!) von Sontheim/Brenz an den Start gegangen war und aktuell mit 1190 DWZ (??!!) geführt wird. Und dabei kann ich nicht einmal behaupten, dass ich ihn unterschätzt hätte, denn sein Lichess-Rating von über 2000 machte schon deutlich, dass ich es hier entweder mit einem Cheater, oder aber mit einem Wunderkind zu tun hatte, dessen kometenhafte Entwicklung aufgrund von Corona noch keinen Niederschlag in seiner DWZ gefunden hatte. Mittlerweile weiß ich, dass letzteres der Fall ist. Merken sollten wir uns den Namen allemal.

Die zweite beendete das Turnier damit auf einem abgeschlagenen 46. Platz von 51 Mannschaften.

Die erste hingegen startete mit einem 4-0, einem 3-1 und einem 3,5-0,5 standesgemäß ins Turnier, wobei die Mitfavoriten Schönaich, Böblingen und Spraitbach nach 3 Runden einen ähnlich guten Score aufzuweisen hatten. Lediglich die an 3 gesetzten Ulmer hatten bereits einen Mannschaftspunkt abgegeben und kamen von da an auch nicht mehr wirklich in Tritt.

In Runde 4 trennten sich Böblingen und Spraitbach dann 2-2 unentschieden und unsere erste konnte sich mit einem äußerst knappen 2,5-1,5 gegen Schönaich an die Spitze setzen. An Brett 3 bewies Tobias Peng einmal mehr Nerven aus Stahl, als er sich mit zwischenzeitlich 24 Sekunden gegen 2 Minuten dem Angriff Julijan Plencas erwehrte und seinen Mehrbauern im Damenendspiel nach etlichen Manövern durchbringen konnte. Held der Begegnung wurde aber Philipp Huber, der Tobias Kölle beim Stande von 2-1 nach 81 Zügen in ein Dauerschach zwang, ohne zu wissen, dass dieser halbe Punkt zum Mannschaftssieg reichen würde – die Chatfunktion hatte er während der Partie aus Konzentrationsgründen stummgeschalten…

Gleichzeitig zeichnete sich spätestens hier schon ab, dass es nicht Tobias Schmidts Tag werden würde. Während die anderen wie am Donnerstag zuvor auch in knappen Situationen zuverlässig punkteten, vergab Tobi eine gute, stellenweise klar gewonnene Stellung nach der nächsten, so z.B. gegen Schönaichs GM Saric und, noch viel tragischer und entscheidender gegen Spraitbachs GM Vorobiov und Böblingens IM Gähwiler, und das waren die Matches, die jetzt in den Runden 5 und 7 anstanden (in Runde 6 konnte sich mit einem 4-0 gegen die Stuttgarter Schachfreunde kurz erholt werden). Beide Matches gingen verloren (Tobias Peng musste gegen Böblingens Thanh Kien Tran seine einzige Niederlage hinnehmen) und auch danach lief nicht mehr viel zusammen. Es folgten noch 3 Mannschaftskämpfe, die 2-2 endeten, gegen Kornwestheim (wo Petr seinen einzigen Punkt gegen Joshua Lüdke abgeben musste), gegen Dornstetten-Pfalzgrafenweiler (die Überraschungsmannschaft des Turniers, die sich in der Endtabelle sogar noch vor unsere erste schob) und schließlich gegen Nürtingen, mit einer bitteren Niederlage Tobias‘ gegen seinen Uni-Professor auf Zeit, wobei letzterer eigentlich nicht mal mehr genügend Material zum Mattsetzen hatte…

Am Ende stand für Petr immerhin der Brettpreis mit bärenstarken 10/11 an Brett 4. Tobias Peng wurde mit ebensostarken 9/11 an Brett 3 wieder nur knapper Zweiter nach Feinwertung.

Unsere Glückwünsche gehen an den SC Böblingen, der das Turnier ohne eine Mannschaftsniederlage dominierte!

Kreuztabelle mit Mannschaftsscore
Fortschrittstabelle
Einzelergebnisse (sortiert nach Brett mit Turnierperformance und Direktlinks zu den Partien)
Setzliste nach DWZ-Schnitt


Schreibe einen Kommentar

Die E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Die Kommentare sind moderiert und werden in der Regel innerhalb eines Tages freigegeben. Sollte es länger dauern, haben wir den Kommentar entweder übersehen oder der Spamfilter hat zugeschlagen. In diesem Fall bitten wir um eine kurze E-Mail an webmaster@schachverein-heilbronn.de.