Taktik aus dem wahren Leben (7)

Das Thema dieser Serie ist die „Taktik des Alltags“, also taktische Situationen, mit denen wir Normalsterbliche in unseren Partien konfrontiert sind. Wer genügend Partien gespielt hat, weiß, dass brillante Opferangriffe leider die Ausnahme bilden; entscheidend ist viel häufiger, die kleinen Chancen, die sich links und rechts am Wegesrand auftun, zu erkennen und zu nutzen.

Alle Beispiele kommen aus dem „wahren Leben“, entstammen also meinen eigenen oder Heilbronner Partien. Manchmal kam die Kombination oder taktische Möglichkeit aufs Brett, manchmal wurde sie jedoch auch übersehen. Die Spanne reicht vom simplen kurzzügigen Bauerngewinn bis zu komplexeren Kombinationen, bei denen klassische Motive eventuell in versteckter oder „verfälschter“ Form auftreten können. Hin und wieder ist auch mal eine „Perle“ dabei, entweder in Form einer Kombination „für die Galerie“ oder als gehaltvolle Stellung mit vielen interessanten Motiven und Möglichkeiten, die naturgemäß zum großen Teil unter der Oberfläche bleiben und erst in der Analyse auftauchen.

Bauer oder Läuferpaar?

Aus der Schlussrunde eines Turnieres: Der Turniersieg war schon außer Reichweite, aber diese Partie entschied immerhin über die Verteilung von Silber und Bronze. Weiß hat das Läuferpaar, Schwarz einen Mehrbauern und Turm auf der 2. Reihe – was wiegt schwerer?


Lösung


Kommentare

Taktik aus dem wahren Leben (7) — 4 Kommentare

  1. Du hast bei Stellungsbewertung ausgelassen, dass die schwarzen Leichtfiguren am Damenflügel im Abseits stehen und die schwarze Königsstellung sehr luftig ist. Das einzige Motive zu schwarzen Gunsten, welches ich entdecken kann, ist das Springermanöver Sc6-e5-f3. Also muß Weiß eine Angriffsfortsetzung finden, welche dieses Motiv unterbindet. 1.Dd6 bietet sich an, denn nun zwingt nach 1. … Se5 2. Lxe6+ den schwarzen König auf die lange Diagonale, so dass der Springer mit Ld4 zunächst gefesselt und dann abgeholt wird. Ich finde keine sinnvolle Verteidigung mehr für Schwarz; entweder er verliert eine der Leichtfiguren, oder e6 fällt mit Schach und überwältigendem Angriff. Auch die Schwindelversuche Td8 oder Df3 sind hoffnungslos.
    Stattdessen kann man natürlich auch direkt auf e6 zu schlagen. Wegen Matts auf f8 darf Schwarz nicht nehmen sondern muß anfangen zu wandern. Das sollte noch schneller gewinnen.
    Fazit: Die weißen Vorteile wiegen viel schwerer.

    • Na, zu viel wollte ich auch wieder nicht verraten 😉

      Aber das Fazit stimmt natürlich. Hast du eine (oder zwei) konkrete Varianten nach 1. Lxe6+?

        • Genau, wobei auf 1… Kg7 auch einfach 2. Df7+ Kh6 3. Dxe8 reicht.

          In der Partie folgte 1. Lxe6+! Kh8 2. Ld4+ und Aufgabe. Ziemlich elegant, wie Weiß nacheinander beide Läufer, jeweils unter Opfer, in Szene setzt – das tröstet ein bisschen darüber hinweg, dass ich Schwarz hatte 😉

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