You either die a hero…

…or you live long enough to see yourself become the villain.
Aus welchem Film ist das?

Dieser Beitrag mag Spuren von Ironie oder Erdnüssen enthalten. Im Falle einer Ironie- oder Erdnussallergie bitte den Arzt oder Apotheker fragen oder lieber etwas Langweiliges lesen.

Sonntag, 7. April 2019. Wir waren gerade vor dem SC Weiler im Allgäu Württembergischer Meister im Schnellschach geworden und waren für die zentrale Endrunde guter Dinge, denn einerseits stellten wir mit einem DWZ-Schnitt von 2215 die stärkste Mannschaft aller Zeiten auf, andererseits trat Weiler gegen Stuttgart immerhin mit GM Plat und IM Henrichs an den ersten beiden Brettern an, was ganz grob ein 50:50-Matchup ergeben sollte, auch wenn sich Stuttgart zum Jahreswechsel noch mit dem starken FM Ivan Schitco (ca. 2400) verstärkt hatte. Unsere Gegner aus Böblingen traten mit einer Mannschaft von 2227 DWZ an, also in etwa auf Augenhöhe. Ein 4:4 hätte jedoch keinem geholfen.

An jenem Sonntag wollte ich definitiv zum Helden werden. Dabei wollte ich wohl zu sehr wie „The Flash“ sein, denn ich ignorierte meinen Wecker um 6:30 Uhr, um stattdessen um 7:15 Uhr aufzustehen. Petr Timagin würde ab 8:30 Uhr am Flughafen in Stuttgart warten. Toll. Frühstück? McDonald’s! Naja, ok, nicht ganz, habe nur etwas von Zuhause mitgenommen und mir später noch zwei leckere Oreo-Donuts im Spiellokal gegönnt. Ein Shoutout an die Bewirtung im Spiellokal, welche normalerweise nur an Schultagen aktiv ist!
Nachdem ich Petr aufgesammelt hatte (der McDonald’s lag direkt auf dem Weg zum Flughafen…musste…widerstehen…) und die restlichen sechs Spieler gefühlt in sechs verschiedenen Autos anreisten, den verschiedenen Abreiseorten sei Dank, kamen alle Spieler gegen 9:40 Uhr wohlbehalten im Hegel-Gymnasium in Stuttgart-Vaihingen an. Davor gab es noch eine Mannschaftsführerbesprechung unter der Leitung von Verbandsspielleiter Carsten Karthaus. Ein für uns brennendes Thema war die Minimierung von Fahrtkilometern, vor allem im Bezug auf Auswärtsspiele bei Weiler im Allgäu. Die FIDE verbietet im Bezug auf ihre Regelungen größere Eingriffe in die Auslosung. Aber gut, unser Plan war sowieso, in der Saison 2019/2020 nicht gegen Weiler im Allgäu (nichts gegen euch, ich mag euch!) zu spielen. Sondern eher gegen Eppingen, Schönaich I oder wie diese Söldnertruppen alle heißen.

Vor Spielbeginn gab es dann wie in der Vorsaison ein Mannschaftsfoto.

Na, wer erkennt die Unterschiede zur letztjährigen Mannschaft?

Als Mannschaftsführer sowie Overlord (danke an Julian für diesen Titel) ging ich mit gutem Beispiel voran und hatte das Team-Trikot dabei, bei den anderen war weniger Enthusiasmus zu verspüren. Niko hatte immerhin die Ausrede, dass er nach dem Spiel ein Tinder-Date hätte…aber wer weiß, vielleicht würde die Frau mein kleines Unternehmen kennen, was Pluspunkte für Niko gewesen wären. Schade Niko!

Bei Böblingen fiel nur ein Stammspieler kurzfristig krankheitsbedingt aus, damit versprach die Begegnung ein hohes Maß an Spannung. Wir hatten unsere beiden Oberliga-Schlussrunden immer 4:4 gespielt, eine weitere Sache, welche nicht zur Tradition zu werden sollte.

Die Arena wurde für diese Gladiatoren geöffnet.

Ignoriert meine Handschrift, ich habe schon längst aufgegeben, schön zu schreiben. Bei der Unterschrift des Spielberichts übte ich auf das Papier einen so starken Druck mit meinem Stift aus, dass der Spielbericht einen Riss bekam. Immerhin hinterlasse ich Eindruck.

Nach ein paar Grußworten wurden alle Partien gleichzeitig freigegeben. Leider funktionierte die Liveübertragung nur bei einer Begegnung, da spielte wohl die Physik nicht mit. Auf der einen Seite ist es natürlich sehr lobenswert, dass die ganzen Umstände bezüglich der Liveübertragung in Kauf genommen werden. Andererseits wäre es wünschenswert, wenn solche Dinge nicht passieren beziehungsweise ein Alternativplan bereitsteht. Mal sehen, wie sich das in den nächsten Jahren entwickelt.

Auf chess24 finden sich alle Partien bis auf die Partien von Nicolas Blum und Petr Timagin. Ganz klar, der SVW ist ausländerfeindlich, das geht gar nicht!!!11elf
Aus diesem Grund verzichte ich auch auf eine nähere Beschreibung der Partien. Auch wenn ich mir vornahm, nicht so viel bei der anderen wichtigen Begegnung zu spicken, tat ich es sehr oft, denn falls Stuttgart gewinnen sollte, hätten wir unsere Gegner auch während der Ausübung eines Handstands mattsetzen können, es hätte nichts gebracht. Wobei, ästhetisch hätte das sicher ausgesehen.

Hey, eine Erdnuss! Achtung Allergiker! Duckt euch!

Der Beginn war ruhig, zu ruhig auf jeden Fall. Simon wurde von einer halbslawischen Eröffnung überrascht, welche nie danach aussah, dass sie große Chancen zum Vorteil geben würde. Ein Remisschluss war bereits nach 15 Zügen abzusehen.
Zu meiner großen Ernüchterung wurden auch an Brett 1 bei Stuttgart-Weiler kaum mehr Züge gespielt. GM Vojtech Plat, mir sonst nur als Mr. 100% bekannt, sei es in der Oberliga-Saison 2017/18 (8 aus 8!) oder beim Schnellschach am Tag davor (9 aus 9!), hatte wohl irgendwie keine Lust zu spielen. Für mich war er damit gestorben, aber nicht als Held.
Niko machte das komplette Gegenteil wie Simon, keine Theorieschlacht in einer ausgelutschten Variante, sondern eine Eröffnung à la Niko, welche seinen Gegner David Ortmann schon ins Grübeln brachte. Im Laufe der Zeit entwickelte sich eine sehr dynamische Partie, welche Chancen für beide Seiten bot. Am Ende wurde es halt ein Remis.

Steffen machte sich in der Zeit zu unserem Topscorer. Er spielte wie auch sonst sein unscheinbares System gegen Königsindisch. Als die Stellung sich öffnete, behielt Steffen den taktischen Überblick, gewann eine Qualität und konnte noch die Damen tauschen. Dank seines überschüssigen Material verschaffte er sich noch einen Freibauern auf der a-Linie und fuhr die Partie nach Hause. 6,5/9, gegen einige FMs gewonnen, sehr stark! Damit hat er auch meine Bestmarke der letzten Saison (6/9) gebrochen, ich fühle mich trotzdem wie der King, weil ich diese Punkte an den Brettern 1 und 2 geholt habe.
Zwischenzeitlich ließ sich IM Thomas Henrichs von Mark Kvetny übel verhauen. Ok, Mark ist auch ein IM, aber dass es so schnell geht? Thomas Henrichs meinte am Vortag zu mir noch, ich solle nicht das ganze Preisgeld von der Schnellschachmeisterschaft versaufen…ich denke mir meinen Teil dazu mal.

Zwischenstand: Heilbronn – Böblingen 2:1, Stuttgart – Weiler 1,5:0,5

Noch tiefer bedrückte mich die Tatsache, dass Weiler an den ersten beiden Brettern diese Punkte abgab. Da mussten wir schon auf ein Wunder hoffen…wobei, eher auf zwei Wunder mit den Namen Fabian und Niklas, welche jetzt schon punkten mussten, damit Weiler diese Begegnung noch gewinnen würde. An Brett 8 gab es dort nämlich ein relativ blutleeres Remis. Es war klar, dass wir einfach selbst spielen sollten, denn was Weiler da ablieferte, war durchaus deprimierend.
Hatte ich im 10. Zug noch eine Remis-Abwicklung ausgeschlagen, um einfach ein bisschen zu spielen, war ich nach den letzten Entwicklungen auch mit Remis zufrieden, denn offensichtlich würde es nicht mehr auf Brettpunkte ankommen, außerdem waren unsere anderen Stellungen nicht so gut, dass es sich lohnen würde, alles zu riskieren. Also wartete ich ab, bis mein Gegner die Stellung öffnete, wobei er ein kleines Detail übersah, welches ihn zwang, in ein ausgeglichenes Endspiel zu liquidieren. Immerhin habe ich mal nicht verloren und das noch gegen einen IM, ein Hoffnungsschimmer nach den schlechten Partien im März. Grenke-Open IM-Norm anyone?
Thomas Tschlatscher hat eine ähnlich schwere Saison hinter sich wie ich und konnte sie immerhin mit einem friedlichen Remis abschließen. Nachdem er, aufgrund seiner eigenen Eröffnungswahl frustriert, mögliche Chancen auf Vorteil nicht ergriff, zog er die Notbremse und wickelte in ein Turmendspiel mit Minusbauer ab, welches jedoch aufgrund der unterschiedlichen Aktivität der Türme, wie Tag und Nacht, Schwarz und Weiß…Schwaaarz oder Weiß, komm und spiel das Spiel der Spiele, kalt oder heiß, Zug um Zug! Entschuldigung, ich bin wohl etwas abgedriftet…jedenfalls hielt Thomas locker Remis.
In der Zwischenzeit gewann IM Andreas Strunski auf wundervolle Weise gegen Niklas Wunder und damit schien es gelaufen zu sein, denn die anderen Stellungen bei Weiler sahen auch sehr dubios aus…

Zwischenstand: Heilbronn – Böblingen 3:2, Stuttgart – Weiler 3:1

Der Rest des Nachmittags war auch schnell erzählt. Tobias konnte keine Kompensation für seinen geopferten Bauern nachweisen, weil er seinen Läufer vom Königs- auf den Damenflügel abzog, wo er nur Löcher in die Luft starrte. Im Endspiel wurde er von FM Valentin Kuklin schnell abgezogen. Petr spielte eine unglaublich heiße Partie und war die ganze Zeit am Drücker. Leider musste er nach fast fünf Stunden Spielzeit aufgrund von Zeitmangel in ein Remis abwickeln. Nicolas war in der „Kuklin-Rolle“, sein Gegner opferte früh einen Bauern, die Kompensation dafür kam aber wohl von außerhalb des Schengen-Raums und blieb in Grenzkontrollen stecken. Gut so, wir sind das Volk und beschützt das abendländische Schachspiel vor fremder Kompensation!
Jedenfalls gewann Nicolas noch eine Qualität, also schien alles klar zu sein, bei der Verwertung machte sich Nicolas das Leben zwar schwer, jedoch war der Vorteil so groß, dass nichts mehr etwas an Nicolas‘ Sieg geändert hätte. Quand le vin est tiré, il faut le boire.

Stuttgart gab dafür fast nichts mehr gegen Weiler ab, auch wenn die Partien nicht alle sauber waren. Aber naja, da können wir uns an Vielem aufhängen, wenn wir es ja in der eigenen Hand hatten.

Endstand: Heilbronn – Böblingen 4,5:3,5, Stuttgart – Weiler 6,5:1,5

Das war es mit der Oberliga-Saison. Zweiter Platz, 15 von 18 Mannschaftspunkten, das beste Ergebnis seit über 60 Jahren. Aber irgendwie…ich wollte nur aufsteigen. In dieser Saison war die Chance groß. Die TG Biberach und der SK Sontheim/Brenz steigen ab, Schönaich II sowie Nürtingen steigen auf. Stuttgart und Jedesheim tauschen aller Voraussicht nach Plätze. Nicht nur, dass es eindeutig schwerer wird in der kommenden Saison, dank Schönaich II wird es wohl auch ein Wiedersehen mit Philipp Wenninger geben. Er ist halt nicht als Held gestorben…

Diese Erdnüsse geben mir noch Ausschlag…

Erste.


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