Wir verstecken uns nicht vor Erdmännchen…

…aber sie sich auch nicht vor uns – mit Recht. Vom hart umkämpften Oberliga-Heimsieg gegen Erdmannhausen weiß Robin zu berichten:

„Mit Erdmannhausen kreuzten wir es schon oft die Klingen – Im Pokal, in Jugend- , Landes- und Verbandsliga; dieses Mal trafen wir in der Oberliga aufeinander. Allen war wohl klar, dass hier entscheidende Punkte gegen den Abstieg vergeben werden. Noch nicht abzusehen hingegen war, dass es auf unserer Seite eine Menge Premieren geben sollte. Im Einzelnen (in Brettreihenfolge):

Ulrich kämpfte zum ersten Mal nicht bis zum letzten Messer- ein schnelles Remis mit Schwarz gegen einen nominell stärkeren Gegner ist aber auch in Ordnung.
Enis spielte Damengambit mit Lf4 und folgte den Theorieempfehlungen. Er hatte durchweg die leicht bessere Struktur, aber dafür stand Schwarz aktiver. In Vereinfachungen verflachte das Spiel völlig zu T+S gegen T+L im Endspiel, sodass Enis Remis anbot. Josef Gheng wollte aber mehr und brachte ein äußerst fragwürdiges Qualitätsopfer. Mittels einiger feiner Turmmanöver erreichte Enis dann seinen ersten Sieg in dieser Saison.
Niko bekam es mit einem dieser unheimlich talentierten Jugendlichen zu tun (derselbe, der Ramin vor 2 Jahren zerlegt hatte.). Aus Furcht vor etwaiger Vorbereitung verteidigte er sich nicht mit seinem üblichem Kram, sondern ließ sich auf Spanisch ein. Der weiße Aufbau erschien zunächst ganz harmlos, doch plötzlich standen Dame, Springer und Läufer vor der schwarzen Königsstellung. Um die Mattdrohungen zu parieren, musste Niko seine Dame geben. zwei Leichtfiguren sind halt nicht genug, und so verlor er zum ersten Mal in dieser Saison. (Kleiner Trost: Der Gegner hat bis jetzt nur ein Remis abgegeben.)

Hier gibt es tatsächlich nur einen Zug für Schwarz – 13… Lxd5 war es leider nicht

Ich selbst hatte zum ersten Mal in dieser Saison Weiß und spielte Damengambit mit Lg5 – doch kaum wurde dieser mit h6 befragt, zog ich ihn nach f4 zurück, hatte also bis auf das Mehrtempo bzw. die Bonusschwäche h6 dieselbe Stellung, wie Enis, der schneller spielte und daher schon ein paar Züge weiter war. Ich schaute mir an, wie er sich aufbaute, doch war mir das zu ambitionslos. Minimalen Vorteil verwalte ich nur in Stellungen, in welchen ich mich auskenne. Ich improvisierte etwas viel mutigeres, isolierte seinen Damenbauern und beschleunigte meine Entwicklung – der Preis war allerdings ein König auf e2. Mein Plan sah vor, schnell mit Thd1 und Kf1 künstlich zu rochieren, doch einen im Gewinnsinne notwendigem Bauernraub später stand mein König auf f3 dann nur noch halbgeschützt. Da er keine sinnvollen Möglichkeiten hatte, an meinen Wanderkönig ranzukommen, schwächte er mit g5 seine eigene Rochadestellung. Anstatt nun geduldig mit Lg3 abzuwarten, verschärfte ich weiter, indem ich mit Lc7 ungleichfarbige Läufer herbeiführte und dabei meinen Mehrbauern auf h2 zurückgab, weil ich dachte, in der H-Linie entscheidenden Angriff zu erlangen. Leider wären beide ursprünglich beabsichtigen Angriffsfortsetzungen am Zwischenschach g4 gescheitert und ich musste meine Dame zur Verteidigung zurückbeordern. 10 Sekunden nachdem ich sie auf f1 abgesetzt hatte, bemerkte ich, dass sie nach a4 gehört hätte, um über die 4. Reihe zu verteidigen. Mein schöner Vorteil zerrann in einem Zug. Glücklicherweise hatte mein Gegner nicht mehr viel Zeit; nach einigen Manövern tauschten wir Damen zum Doppelturm + ungleichfarbige Läufer – Endspiel, in dem ich f7 abknubbeln konnte. Ein Turmpaar konnte er auch noch tauschen doch mein verbleibender auf der 7. Reihe war gut aktiv. Da sein König auch noch von meinem Läufer auf der Diagonalen a2-g8 im Eck gefangen gehalten wurde, bot mir mein Mehrbauer echte Gewinnchancen. Ich stürmte mit meinem König mal wieder vorwärts (zwischenzeitlich hatte ich ihn nach f1 zurückgezogen.), um in seine Stellung einzudringen, und Mattdrohungen aufzustellen. Das hätte auch geklappt, wenn ich nicht in einem Anfall von Übermut seinen König aus dem Eckkerker entkommen lassen hätte. Um letzte Gewinnchancen zu wahren, musste ich die Türme tauschen. Vom langem Kampf zermürbt, versäumte es mein Gegner, den H-Bauern zu opfern, um eine Blockade zu errichten, sondern gestattete mir die Bildung eines mobilen Freibauernpärchens auf e und f; sein h-Freibauer hingegen war unter Kontrolle. In der zähesten Variante hätte ich in einen Springer unterverwandeln müssen, doch er gab seinen Läufer schon vorher für die beiden Bauern, wonach mein letzter verbleibender auf a2 zum Weißfeldringen Läufer passte.

Hüttig ist eigentlich ein Spezialist des Königsindischen Angriffs, doch Jürgen überspielte in dermaßen gründlich und scheinbar mühelos, dass es aussah als wäre er kein jahrzehntelanger Spitzenspieler. Somit gelang Jürgen nach 4 Remisen in leicht bis deutlich besseren Stellungen endlich der erste Sieg.
Julian durfte endlich mal Evans-Gambit spielen. Ich dachte, dass er sich wenigstens in seiner Lieblingseröffnung auskennt, doch verbrauchte er auch hier viel zu früh viel zu viel Zeit für viel zu zweitbeste Züge. Es folgte das Übliche.

Tobias hatte seinen ersten Oberligaeinsatz. Nach beiderseitig ambitionslosem Spiel und vielerlei Abtäuschen entstand ein Bauernendspiel mit beiderseitigen Bauernmehrheiten. Während Weiß seinen König zentralisierte, ließ Tobias seine 4 Musketiere laufen und opferte in einem sauber berechnetem Durchbruch alle für einen, der befördert wurde.
Simon hatte gegen Aljechin eine leichte Druckstellung; der Gegner versuchte sich durch Abtausch zu entlasten, hatte aber plötzlich nicht mehr genug Figuren, um ale Bauern zu decken. Mittels eines Bauernopfers versuchte er noch aus der Not eine Tugend zu machen, doch Mehrbauern abklammern konnte Simon schon immer; auch wenn die Verteidigungsumgruppierungen zeitweise etwas seltsam anmuteten (Lc1, Sa1) nahm er seinen Gegner schließlich erfolgreich in den Schwitzkasten und erzielte seinem ersten Oberligasieg.
Dieser deutlich 5,5:2,5 Erfolg bringt uns wertvolle Punkte gegen den Abstieg, für Erdmannhausen hingen wird die Luft allmählich dünn.

Beim Begutachten der anderen Ergebnisse viel mir auf, dass es letzte Runde bei Bebenhausen einen Protestfall gab, infolgedessen Rudi Bräuning eine gewonnene Partie verlor; weiß jemand genaueres (oder will fiese Gerüchte in den Kommentaren streuen)?“

Die Gerüchte lassen wir aber mal sein 😉
Lange können wir uns nicht ausruhen. Bereits am 5. Februar (Klausurenphase…) geht es mit einem Auswärtsspiel in Biberach an der Riß weiter. Dank des Sieges gegen Erdmannhausen stehen wir nicht unter Siegzwang, aber würden dennoch gerne Punkte mitnehmen. In Runde 8 haben wir spielfrei, daraufhin folgt das wahrscheinlich entscheidende Spiel gegen Sontheim/Brenz.
Dazwischen passiert aber auch noch viel: am kommenden Donnerstag findet die 1. Runde des Unterlandpokals bei uns im Jugendheim statt, am Samstag hat die 1. Jugendmannschaft ein wegweisendes Spiel in Walldorf und tags darauf kann die Zweite gegen Willsbach I weitere wichtige Punkte gegen den Abstieg sammeln.


Kommentare

Wir verstecken uns nicht vor Erdmännchen… — 4 Kommentare

  1. Also auch nochmal hier: Herzlichen Glückwunsch zu diesem enorm wichtigen Sieg!!

    Auf der Bebenhäuser Website habe ich keine Berichterstattung finden können; die Website von Sontheim ist aber aktiv und im dortigen Bericht wird der Vorfall kurz erwähnt: http://schach-sontheim.de/mannschaften/1-mannschaft/1769-oberliga-5-runde-keine-schokolade-fuer-sontheim-1/

    So wirklich wehgetan hat es Bebenhausen in der Begegnung aber nicht; es sei denn, ihnen fehlt am Ende ein Brettpunkt zum Aufstieg…

  2. Hi,

    zwei Bitten an die fleißigen Autoren und Webseitenadmins:

    1) Das Ergebnis direkt am Anfang zu verraten nimmt jede Spannung, den Artikel zu lesen. Enis, den einleitenden Kommentar hättest du auch anders formulieren können, oder?
    2) Eine Partie in Prosa ausführlich wiederzugeben, aber dann die Partie nicht anzuhängen, ist sinnlos. Die Partie samt Prosakommentar hätte ich hier gerne nachgespielt, so bringt der ausführliche Teil über deine eigene Partie den Lesern gar nichts, Robin. Vielleicht kann man die Partie ja noch nachtragen?!

    Trotzdem: Glückwunsch. Nächstes Jahr steigt ihr dann in die 2. BL auf, oder?

    Grüßle
    Jochen

    • Hi Jochen,

      danke für die Glückwünsche und die Kritik!

      An deinem ersten Punkt scheiden sich die Geister zwischen Spannung beim Lesen und dem Format „Wichtigste Information zuerst – Details im Haupttext“ (bspw. in/für Zeitungen eher üblich). Wenn der Bericht wie hier am nächsten Tag erscheint, geht eigentlich nicht viel Spannung verloren, da die Ergebnisse dann schon über 24h lang online sind.

      Zum zweiten Punkt: Ich habe Robins Partie mal eingefügt (die Partien werden ohnehin auf die SVW-Website hochgeladen, wenn auch ziemlich versteckt); interessant auch die kritische Stellung bei Niko, wo Schwarz tatsächlich nur einen Zug hat, der nicht verliert.

      Solange es zum Oberliga-Klassenerhalt feiern zu früh ist, sage ich zum Thema 2. BL lieber mal nichts 😉

    • Hallo,

      zu 1) (über 2) hatte ich ja eher weniger Macht, hab den Text nicht geschrieben):
      Ich sehe die Berichte halt eher als Inhaltsangaben anstatt als Nacherzählungen. Daher habe ich es mir angewöhnt, die „Spannung“ rauszunehmen. Zudem sehe ich den Hauptzweck eines Berichts darin, zu beschreiben, was passiert ist und wie es zum Ergebnis kam – wenn es nur um das Ergebnis geht, braucht man das hier nicht lesen.
      Hier kam noch hinzu, dass Ramin sehr eifrig direkt nach unserem Sieg einen Facebook-Post auf unserer Fanpage verfasst hat. Auf Facebook schaut natürlich nicht jeder nach, aber viele haben es schon gesehen, von daher wäre es witzlos, wenn man 90% der Leser vorgaukelt, als hätten wir nicht gewonnen, um es dann am Ende „überraschend“ aufzulösen.

      Was an meinem einleitenden Satz falsch oder unpassend sein soll, sehe ich nicht…ist nur eine Anspielung auf den Vereinsnamen und die Lebensweise der entsprechenden Tiere. Im gleichen Atemzug erwähne ich noch, dass unsere Gegner durchaus auf Augenhöhe waren, zudem habe ich auf keinem Informationskanal etwas Negatives seitens der Gegner gehört.

      Hoffe, das klärt alles auf 🙂

      Enis

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